Witten. . Das Theater „Glassbooth“ zeigte in der Werkstadt ein Stück über einen Schlechten Al-Qaida-Spielfilm. Kritisiert wird dabei das Sehverhalten des Zuschauers.
Schlechte Dialoge, beschränkte Figuren und eine unrealistische Handlung: Zutaten für viele Blockbuster – und für die gelungene Inszenierung des Theater „Glassbooth“. Mit ihrem Stück „Das Produkt“ gastierte die Theatertruppe am Samstag in der Werkstadt.
In dem Zweipersonenstück soll durch reichlich Überzeugungsarbeit eine Filmhauptrolle mit einer berühmten Schauspielerin besetzt werden. Während sich Olivia (mit überzeugender Mimik: Alexandra Schlösser) mal gelangweilt, mal angewidert mit Schminken und Rauchen ablenkt, spielt ihr Regisseur James (exzellent: Dominik Hertrich) die hanebüchene Handlung vor: Eine karrierehungrige Frau, die ihren Mann beim Anschlag auf das World-Trade-Center verloren hat, beginnt eine Affäre mit einem angehenden Al-Qaida-Kämpfer und gerät selbst in den Sumpf des Terrorismus.
Hertrich spielt dabei so inbrünstig, dass der Zuschauer bisweilen vergisst, wie abwegig die Handlung ist. Ob die Sexszenen des Paares oder das an Tarantino-Filme erinnernde Gemetzel bei der Befreiung Guantánamos -- der Zuschauer will den abgeschmackten Streifen irgendwann wirklich sehen. Genau das möchte dann der Autor des Stückes, Mark Ravenhill, auch erreichen.
Das Publikum begreift: Wir alle halten diese Filmindustrie, die lediglich an niedere Instinkte appelliert und vor keiner Geschmacklosigkeit zurückschreckt, mit am Laufen. Gelungen ist in diesem Sinne dann auch die abschließend tatsächlich im Zeitraffer gezeigte Verfilmung des Stoffes. Wie eigentlich schon zu erwarten, ist dabei nicht nur die Geschichte, sondern auch deren Umsetzung absolut miserabel. Insofern ist das Stück auch als Selbstkritik des Zuschauers zu verstehen. Da nur die Quote zählt, wird produziert, was sich die Leute ansehen.
Solange wir nicht abschalten, tragen wir eine Mitschuld daran, dass auch traumatisches Zeitgeschehen zu bloßer Unterhaltungsware verwurstet wird. Dass die Inszenierung unter Regie Jens Dornheims Film und Theater zu einer absoluten Einheit verschmelzen lässt, ist für die Botschaft des Stücks ebenso ein Gewinn, wie die Besetzung der Darsteller.