Witten. . Als Michelle Ross-Krämer und ihre Tochter einen Friseursalon auf der hinteren Meesmannstraße eröffneten, riet man ihnen von diesem Standort ab. Doch das Konzept der beiden Frauen scheint zu funktionieren.

Eine samtig-plüschige Chaiselongue, davor ein weißer Holztisch, Teelichter, frische Blumen, ein weißer Kronleuchter und an der Wand ein gold-gerahmtes Gemälde im Stil der Glanzbilderromantik: Wie bei einem Friseur sieht es in der „Haarmanufaktur Fräulein Krämer“ in der Meesmannstraße 67 nicht aus. Soll es auch nicht.

Nun ist Herbede nicht Berlin und die Meesmannstraße kein „hippes Viertel“, das am laufenden Band kreative Konzepte hervorbringt. Trotzdem wollte Michelle Ross-Krämer genau hier hin, „gerade weil es so schön ruhig ist“. Zwei Jahre lang hat die 43-Jährige gemeinsam mit Tochter Lindsay nach einem geeigneten Ladenlokal gesucht und als sie dann in Herbede „plötzlich und unverhofft“ fündig wurden, ging alles „ganz zackig“: Innerhalb von zwei Monaten wurde renoviert und eingerichtet – in Eigenregie. Dass zwischendurch Leute hereinschneiten und davon abrieten, „hier einen Laden aufzumachen“, konnte ihrem Plan nichts anhaben. Am 1. Juni nahm die Haarmanufaktur ihre Arbeit auf.

Rundumprogramm zum Wohlfühlen

Doch was ist denn nun – abgesehen von der speziellen Einrichtung – das Besondere? „Die Ruhe“, sagt Michelle Ross-Krämer. „Einen Haarschnitt nach dem anderen machen und abends nicht wissen, wen man bedient hat und was der Kunde erzählt hat“ – das sei nichts für sie. Bei ihr soll es ein „Rundumprogramm“ zum Wohlfühlen geben: Woanders bekomme ein Kunde innerhalb von zehn Minuten die Haare geschnitten, „da fangen wir gerade erst an, uns darüber zu unterhalten, was der Kunde sich vorstellt“.

Sie wolle andere Friseure keinesfalls schlecht machen, das betont sie gleich mehrfach. Die hätten auch ihre Konzepte, die bei vielen Kunden gut ankämen, aber sie konzentriere sich eben auf Entschleunigung. „Lieber einen Kunden weniger und dafür ausreichend Zeit“. Außerdem versuche sie, „so haar- und hautschonend wie möglich“ zu arbeiten. Die Produkte, die sie verwendet, stammen von kleinen Familienunternehmen, sind teilweise besonders umweltfreundlich und ohne Tierversuche hergestellt. „Da habe ich lange gesucht, bis ich sowas gefunden habe“, sagt Michelle Ross-Krämer.

Kunden mögen das Konzept

Ihre Kunden, darunter mittlerweile auch einige Stammkunden, scheinen das Konzept zu mögen. Drei Jahre Zeit hatten die beiden Frauen eingeplant, dann solle der Laden laufen. „Momentan sieht es so aus, als könnte das auch eher klappen“, sagt die Chefin. Aber warum denn nun eigentlich „Fräulein Krämer“? „So nenne ich meine Töchter immer – und da Lindsay hier mitarbeitet, passt das doch gut.“

Bald wird das 22-jährige Fräulein Krämer, also Lindsay, ihre Ausbildung beenden, um dann ab Januar auch professionelles Make-up anzubieten. Natürlich werden Rouge und Lidschatten ebenfalls ganz „in Ruhe“ aufgetragen, „das Leben ist doch schon schnell genug“.