Witten. . Als Zwölfjähriger wurde Patrick Brehmer beim Sprayen von der Polizei erwischt. Inzwischen verziert er alte Mauern ganz legal - auf Kundenwunsch.

„Eigentlich bin ich 27 Jahre alt, aber im Kopp 14“, sagt Patrick Brehmer, ein gemütlicher Typ mit selbstgestrickter Bommelmütze und breitem Grinsen. Brehmer ist vieles: alleinerziehender Vater, gelernter Schilder- und Reklamemacher, jetzt Hartz-IV-Empfänger, aber eigentlich doch Künstler. Echte Brehmers gibt es viele im Stadtbild, legale und illegale. Ganz erlaubt, gar gewollt ist seine knallige Verschönerung des Werkstatt-Gebäudes hinter dem Saalbau.

Wie kam es dazu? „Ich bin hier mit meinem Sohn spazieren gegangen“, erzählt Brehmer, und der graue unscheinbare Flachbau hat ihn offenbar umgehauen. „Man sieht es von der Bahnstrecke aus!“ Brehmer sprach den Hausmeister an, wurde verwiesen an das Saalbau-Marketing, musste eine Skizze einreichen (obwohl er das eigentlich nicht mag) und durfte loslegen. Gestellt werden ihm Farben und Materialien, für seine Arbeit erhält er nichts. „Ich finde es schon toll, meine Unterschrift darunter zu sehen.“ Denn: Die beerenfarbige Wand mit den tanzenden Ballettschuhen darauf oder die grüne Wand mit einem schwebenden Klaviermotiv sollen - zu Recht! - für weitere Aufträge werben. Vielleicht könnte Brehmer ja irgendwann von solchen Aufträgen leben? Der Graffiti-Künstler hätte ein gutes Argument für von Vandalismus gebeutelte Hausbesitzer: Ein solch’ aufwendiges Kunstwerk wird nicht mehr beschmiert - da zollt man sich in der Szene Respekt.

Nur der 27-Jährige ist selbstkritisch: „Ich würde lieber mehr mit dem Pinsel arbeiten, aber dazu bräuchte ich eine glatte Wand“, berichtet der Vater eines zweijährigen Jungen. „Gesprüht wirkt ein Bild durch die harten Kanten immer wie ein Comic.“

„Am liebsten würde ich ganz Witten anmalen“, schwärmt Patrick Brehmer, der überzeugter Wittener ist. „Die Stadt liegt mir echt am Herzen.“ Gleichzeitig ist er auch überzeugter Sprayer, der so einige Meinungen nicht teilen kann: „Was regen sich die Leute eigentlich über einen bunten Fleck auf einer grauen Wand auf?“ Wobei, plump Gemachtes heißt er selbst nicht gut. Am liebsten würde er sowieso sein Können in Workshops an Jugendliche weitergeben.

Früh sprüht sich: Wann machte er denn sein erstes Graffiti? „Tja, wann war ich das erste Mal bei der Polizei“, fragt Brehmer zurück. „1999, da musste ich die ersten Garagentore wieder sauber schrubben!“ Zum Umdenken bewegte ihn schließlich Dr. Michael Mönks, sein Herbeder Hausarzt: „Sie sind so ein freiheitsliebender Mensch, setzen Sie das nicht aufs Spiel!“

Sein erster großer Auftrag kam mit 15 Jahren: Zwerg Goldemar, der nahe der Brennerei Sonnenschein nun eine Wand ziert: „Für 3500 Mark durfte ich Sprühdosen kaufen“, erinnert sich Patrick Brehmer. „Mein ganzes Kinderzimmer stand voll.“ Besorgt hatten ihm den Kontakt zwei Wittener Polizisten, „die haben mir gezeigt, dass es auch anders geht“.