Der Wittener Tenga Beitel fuhr 20 Jahre lang Taxi. Seit 2003 ist er Nachtclub-Besitzer.Doch das Geschäft läuft nicht mehr so wie früher. Jetzt sitzt der 56-Jährige wieder am Steuer

Tenga Beitel ist ein „bunter Hund“ und wohl ähnlich bekannt in Witten: 20 Jahre chauffierte der Mann mit Hosenträgern um den Bauch und Melone auf dem Kopf unzählige Partygänger mit dem Taxi durchs Wittener Nachtleben. Vor zehn Jahren hing er den Job an den Nagel und eröffnete zwei Nachtclubs. Seit drei Wochen sitzt der 56-Jährige nun wieder am Taxi-Steuer. Das Geschäft mit der Lust macht schlapp.

An der Theke des „Nachtclub Angel’s“ in Sprockhövel geht es ruhig zu. Das Licht ist gedämpft, aus Lautsprechern tönen die Top 100, Damen warten auf Gäste, die etwas Gesellschaft an der Bar möchten. Oder in den Séparées ein paar gemütliche Stunden zu zweit. Manchmal käme ein Kunde und rette eine flaue Woche. Manchmal komme auch drei Tage keiner, seufzt Tenga Beitel. „Dann sitzen die Damen und ich alleine hier und spielen Spiele.“ Kartenspiele, betont er. Ja, die Zeiten des Nachtclubs waren einmal bessere.

Vor zehn Jahren entschied sich der Wittener, den Job als Taxifahrer an den Nagel zu hängen. „Ich war viel nachts unterwegs, da wusste ich, wie das Geschäft der Clubs läuft.“ Der vorige Besitzer der „Blue Night Bar“ in Velbert – Beitels erstem Club – wollte nicht mehr. Aber Beitel wollte. Der Taxifahrer wurde Bordell-Betreiber. „Nachtclub“ nennt er es. Er biete eben ein „exklusives Angebot“. Die klemmenden Türen waren das kleinste Problem: Die Damen fehlten! Die verschwanden mit dem alten Chef gleich mit. Und ohne Damen ist nicht viel los in so einem Club. Beitel schaltete Anzeigen. Mit den Frauen kamen die Kunden. „Das Geschäft lief gut.“ So gut, dass er darauf auch den „Nachtclub Angel’s“ übernahm. Wer dachte da noch ans Taxifahren?

Mittlerweile sieht die Welt anders aus. Der Nachtclub in Velbert ist schon länger dicht. Und auch Beitels Lust-Tempel in Sprockhövel wackelt. Viele Kunden von früher bleiben zuhause. In Zeiten des Internets hätten die Leute auch vorm Computer Spaß, weiß Tenga Beitel. Vor allem aber sei das Gastronomie-Sterben um ihn herum rasant vorangeschritten. „Früher waren die Leute bis nachts in der Kneipe und sind dann noch zu uns gekommen, um etwas Spaß zu haben.“

Mit den Kneipen gingen auch die Nachtclubs, weiß der 56-Jährige. Alleine in Witten machten fünf dicht: „Club 22, Romantica, Club Royal ...“ Beitel zählt sie alle auf, in der Szene kennt er sich bestens aus. Im „Angel’s“ ist nun immer öfter tote Hose. Im wahrsten Sinne. Da bringen auch die 130 Euro pro Stunde Spaß und der Piccolo für 25 Euro nicht genug Geld in die Kasse.

Wer Beitel kennt, den hat es wohl nicht gewundert, dass er in diesen Zeiten wieder ins Taxi steigt. Nicht nur, weil er das schon immer gerne gemacht hat. Vor allem nachts. „Einmal nachts, immer nachts“, sagt er. Drei Tage in der Woche schmeißt seine Thekenbedienung den Laden. Ein Kundenansturm ist meist ohnehin nicht zu erwarten. Nein, auch Beitels beruflicher Weg spricht für seine Flexibilität. Er arbeitete als Kellner, als Straßenbauer, er hatte sogar einen Imbiss. Eine Pommesbude direkt an den Edelstahlwerken. Die lief gut. Dann kam ein Imbiss ausgerechnet im Unternehmen und das gute Geschäft war dahin. Es folgte mit 26 Jahren die Taxizeit für den gelernten Einzelhandelskaufmann. 20 Jahre. Und jetzt wieder.

Auch mit seinem Taxijob komme er derzeit nicht richtig hin, sagt Tenga Beitel. Die 3500 Euro Pacht für den 200-Quadratmeter-Club ist eben nicht ohne. Und die Hälfte des Umsatzes bekämen „die Damen“. Aber Beitel hat Hoffnung. „Das ist wie mit dem Taxigeschäft“, sagt er. „Mal geht’s auf, mal geht's ab.“