Witten. . Es ist ein grotesker Streit: Der Betriebsrat des Eisenwerks Böhmer verlangt Freistellung für eine Mitarbeiterin und nimmt sich einen Anwalt. Der Werkschef ist irritiert: Das sei doch schon geklärt.

Das Eisenwerk Böhmer kommt nicht zur Ruhe: Nach dem harten Kampf um einen Haustarifvertrag werfen IG Metall und Betriebsrat der Chefetage vor, Betriebsratsarbeit zu behindern. Mit einer einstweiligen Verfügung wollen sie erzwingen, dass die Betriebsrats-Vize die Freistellung in der Urlaubszeit des Vorsitzenden bekommt. Werks-Chef Erik Böhmer ist erstaunt: „Das ist doch schon längst geklärt.“

Der groteske Streit hatte angefangen, nachdem Betriebsratschef Carsten Ikonomidis und seine Stellvertreterin zur selben Zeit Urlaub nehmen wollten. Der dritte Mann kam aus Sicht der Werksleitung nicht infrage. „Er bekam keine Freigabe, weil er in der Produktion gebraucht wurde“, sagt Erik Böhmer. Zurzeit fehlten viele Mitarbeiter. Dann die scheinbare Einigung: Carsten Ikonomidis verschiebt seinen Urlaub, seine Vertreterin habe für diese Zeit die Zusage zur Freistellung für die Betriebsratsarbeit bekommen, so Böhmer. Das sehe auch sein Vater so, der ebenfalls Geschäftsführer ist. Dieser gilt als schwieriger Typ und hatte sich gegen den Einsatz des „dritten Mannes“ gestemmt – und so wohl den Streit ausgelöst.

Nur Stunden vor dem Gespräch unserer Zeitung mit Chef Erik Böhmer und dessen Einigungs-Beteuerungen hatten IG Metall und Betriebsrat in einer Pressekonferenz Dampf gemacht. „Es muss Ersatz da sein, sonst kann der Betriebsrat keine Entscheidungen treffen“, polterte Gewerkschaftssekretär Lars Beez. Ralf Leifeld, Anwalt für die Betriebsratsseite, will eine „vorsätzliche Störung der Betriebsratsarbeit“ von Böhmer Senior prüfen. Was in Sachen Mitbestimmung im Werk ablaufe, sei „nicht mehr akzeptabel“.

Es ist derzeit nicht die einzige Auseinandersetzung der IG Metall: Wie berichtet läuft eine Klage gegen die Ruhrtaler Gesenkschmiede. Es geht darum, ob Leiharbeiter unter dem Deckmantel des Werksarbeiters eingestellt und die Mitbestimmung des Betriebsrates so umgangen wurde. Geht die IG Metall nach dem Tarifstreit bei Böhmer samt Pöbel-Vorwürfen gegen den Senior-Chef nun zu weit? „Der Schritt mit dem Anwalt war wohlüberlegt“, heißt es. Erik Böhmer ist verärgert: „Das vergiftet das Klima.“