Witten. . Schüler des Albert-Martmöller-Gymnasiums stellen ihre „Recycling-Kunst“ im Altenzentrum der Feierabendhäuser aus. Kleider aus Papier und Fabelwesen aus Pappmaché sind Teil der zweiten Kooperation zwischen Seniorenzentrum und Schule.

Eigentlich sind die Feierabendhäuser ein Ort der Ruhe. Es braucht schon ein paar Schüler und jede Menge Gartenvlies, um „Leben und Lautstärke“ in das Seniorenzentrum zu bringen. „Wenn die Menschen nicht mehr zur Kunst kommen können, muss die Kunst eben zu den Menschen kommen“, sagt Einrichtungsleiter Andreas Vincke. Und sie kommt. In Form von fliegenden Pappmaché-Fabelwesen, Hausmodellen im Bauhaus-Stil und rüschenbesetzten Rokoko-Kleidern aus Papier.

Schülerinnen und Schüler einer fünften Klasse und des Projektkurses Kunst und Design der Jahrgangsstufe elf des Albert-Martmöller-Gymnasiums haben gemeinsam mit ihrer Lehrerin Regina Hollmann-Vogel Kunst aus Dingen kreiert, die sonst im Müll gelandet wären. „Kreatives Recycling“ lautet das Thema der Ausstellung, die gestern im Altenzentrum eröffnet wurde.

Nicht nur die „kulturelle Teilhabe“ der Senioren, wie Mitarbeiterin Manuela Söhnchen es nennt, soll dadurch gewährleistet werden. Auch die jungen Menschen sollen „auf lockere Weise mit dem Thema Altenheim in Kontakt kommen“, sagt Andreas Vincke.

Viele sind das erste Mal in einer Senioreneinrichtung, verlieren ihre Berührungsängste aber schnell und präsentieren stolz ihre Kunstwerke, an denen sie ein halbes Jahr lang gearbeitet haben. So wie Romina, die ein Brautkleid aus Schuhkartonpapier, Zeitschriftenschnipseln und Gartenvlies „geschneidert“ hat. Ein gerahmtes Foto an der Wand gegenüber des Ausstellungsstücks beweist, dass die 17-Jährige ihr Kleid auch schon einmal wirklich angezogen hat.

Die Bewohner schauen dem bunten Treiben amüsiert zu. „Als die Stücke gestern aufgebaut wurden, waren die Kleider schon Thema bei den Damen hier: ‘Wie war das denn damals bei deiner Hochzeit?’ haben sie sich gegenseitig gefragt“, erzählt Andreas Vincke.

Auch das Kleid, das Julie, Katharina und Leslie Ann entworfen haben, dürfte Gesprächsstoff bieten: Auf einem Holzgestell ruht der bauschige Rock aus Pappmaché und Papier. Es anzuziehen dauert allerdings etwa 30 Minuten, wie Julie aus eigener Erfahrung weiß: „Weil es nicht ins Auto passte, hab ich es angezogen und bin darin hierher gelaufen“.

Brigitte Windbrake lebt seit viereinhalb Jahren in der Einrichtung und hat schon einige Ausstellungen kommen und gehen sehen. Von den aktuellen Stücken hat sie bisher hat sie nur die bunten Fabelwesen bewundert, die im Eingangsbereich von der Decke baumeln und die die Fünftklässler „fantastische fliegende Fabelviecher“ getauft haben. „Uns gefallen die Ausstellungen hier immer sehr gut“, sagt Brigitte Windbrake. „Auch die Bewohner, die das nicht mehr so sagen können, mögen die Kunst – man sieht es an ihren Gesichtern.“