Witten. Witten. Läden, Keller, Garagen und sogar Erdgeschosse nach Unwetter überflutet. Hangrutsch am Annener Berg. Aus Gärten werden metertiefe Seen. Autos versinken in Wassermassen. Anwohner ohne Strom

Ein verheerendes Unwetter hat gestern weite Teile Wittens heimgesucht. An der Herbeder Straße hatten die Anwohner die Ruhr im Wohnzimmer, auf der Annenstraße versanken Autos bis zum Dach in den Wassermassen, Vom Annener Berg kam eine Gerölllawine herunter, im Hammertal standen wieder Keller und Garagen unter Wasser.

Dieser Bericht reicht bei weitem nicht aus, um auch nur stichwortartig alle Wasserschäden aufzuführen, die das schwere Gewitter gestern Mittag verursacht hat. 70 Einsätze verzeichnet die Feuerwehr, die in einer Tour mit Blaulicht und Sirenen durch die Stadt fuhr, bis 16 Uhr - Tendenz steigend. Personenschäden sind bis dahin zum Glück nicht zu beklagen.

Schlimm ist es in jedem Stadtteil, „am schlimmsten womöglich an der Herbeder Straße“, so Feuerwehrsprecher Uli Gehrke. Da zeigen sich Bilder, die man aus Bayern und OstDeutschland kennt. Da haben die Leute die Ruhr im Wohnzimmer. Denn der Überlauf am Ruhrdeich kann die Wassermassen nicht mehr bewältigen, unaufhörlich steigt das Wasser an der Spundwand hoch, die die Gärten und Häuser vor der Ruhr schützen soll. Mit einem Mal schießt das Wasser über die Wand, macht aus den Gärten Seen, läuft in die Keller, steigt in einem Haus bis ins Erdgeschoss.

„Wir waren machtlos“, sagt Anwohner Hans-Peter Haas (69). „Das Wasser hat die Kellertür aus der Verankerung gedrückt. Da unter liegen zwei Mountainbike-Räder, Wert 6000 Euro, und mein teures Werkzeug.“ Nebenan haben die Wassermassen eine Gartenlaube umgerissen, und Frank Riederer ist den Tränen nahe: „Meine Oldtimersammlung ist zerstört. Das ist ein Vermögen, das da vernichtet wurde.“ Ein Volvo und zwei der sieben alten Motorräder ragen noch knapp aus der braunen Brühe.

„So was habe ich noch nie erlebt“, ist Perpari Merzula (50) fassungslos. „Das Wasser kam so schnell, so was habe ich noch nie gesehen. Und bei meinem Nachbarn steht es im Wohnzimmer, der kann seine ganzen Möbel wegwerfen.“ Keller voll, Garten voll, Straße voller Schlamm, das Haus kann wegen Stromschlag-Gefahr zum Teil nicht mehr betreten werden - Erich Jankowski fühlt sich von den Behörden allein gelassen. „Wir sitzen hier im Wasser, und keiner kümmert sich.“ Feuerwehrsprecher Uli Gehrke, der mit einem Großaufgebot angerückt ist: „Wir gehen von Haus zu Haus, können aber nicht überall sein.“

Überschwemmt ist das oberste Parkdeck des Novum-Parkhauses, das Wasser läuft durchs Nottreppenhaus. Überschwemmt ist die Senke auf der Annenstraße in Höhe Schleiermacherstraße. Wieder saufen dort Autos ab. Im Sommer soll dort ein neuer Kanal gebaut werden, weil lange bekannt ist, dass der alte Ablauf große Wassermassen nicht fassen kann. Für dieses Unwetter kommt er zu spät.