Witten. . Barbara Rexilius fährt seit 84 Jahren Fahrrad. Der ADFC kürte die muntere 90-Jährige nun zur „Radfahrerin des Jahres“.
Der Weg zur frisch vom Zweiradverband gekürten „Radfahrerin des Jahres“ führt über Treppen: Im dritten Stock wohnt Barbara Rexilius, man ist schon schweißgebadet, wenn man oben ankommt. Na ja, Radfahrer sind ja sportlich - aber diese Dame ist 90 Jahre alt, und seit 84 Jahren stets auf zwei Rädern unterwegs!
An ihre Anfänge auf Pedalen in einem Berliner Hinterhof erinnert sich die quirlige Frau noch genau: Ihr Vater schenkte ihr zum sechsten Geburtstag ein Kinderrad, das Fahren brachte ihr der ältere Bruder bei. Nur Bremsen und Absteigen konnte sie nicht. „Manchmal kamen Kunden meines Onkels in den Hinterhof, dann fuhr ich zu denen hin und rief: Können Sie mich bitte mal anhalten?“
Geradelt wurde immer, weniger zur Freude als aus Notwendigkeit. Erst in Berlin, nach der Ausbombung und Evakuierung kurz nicht, später wieder in Witten mit der ganzen Familie: Vater, Mutter, drei Kinder. Als vor 25 Jahren ihr Mann und bald darauf der Hund starb, entdeckte Barbara Rexilius das Radfahren neu: Sie wurde Mitglied im ADFC und unternahm zusammen mit mehreren Freundinnen Radurlaube. Treu ist ihr aus gesundheitlichen Gründen nur noch eine 71-jährige Dame, beide sind Mitglied im ADFC: „Mir gefällt das ökologische Konzept.“
Das nächste Reiseziel steht noch nicht fest. Just in dieser Woche wollte sie die Elbe von Hamburg bis Magdeburg erkunden - da bleibt man dem Hochwasser besser fern. Vielleicht lockt nun die Fulda.
Einen einzigen großen Sturz habe sie in all den radelnden Jahren erlebt, aufs Kinn, „da nützte der beste Helm nichts.“ Besitzt sie noch ein Auto? „Das habe ich vor drei Jahren abgegeben“, sagt sie. „Ich wollte nicht zu den Leute gehören, die meinen, mit 90 noch Auto fahren zu müssen.“ Zumal sie über den Rheinischen Esel bequem überall hinkomme. Nur beim Einkaufen vermisst sie den Wagen: „Ich kann nur das mitnehmen, was in die Packtaschen passt. Man ist so begrenzt!“
Dabei ist die umtriebige Rentnerin in vielen Dingen aktiv, „nur so bleibt man doch fit“, meint sie. Vier Enkel und drei Urenkel hat die gelernte Krankenschwester und spätere Sozialarbeiterin, die bis zur Rente arbeiten ging. Sie ist Gründungsmitglied des Kreis-Frauenhauses und macht bis heute für den Verein die Buchhaltung. Seit einem halben Jahr engagiert sie sich - als ältestes Mitglied - im Seniorennetzwerk Wisel. Zunehmend sei sie begeistert. „Es sind nette Menschen dort und man lernt was dazu.“
Den Computer nutzt sie schon lange. Ein Stockumer Fachmann hilft ihr bei elektronischen Problemen, immer wenn etwas kaputt war, witzelt er: „Dieser Rechner lebt jetzt aber länger als sie.“ Von wegen!