Witten. Trotz Bedarfs ist die Investitionstätigkeit aber rückläufig. Arbeitskreis Soziales Wohnen appeliert an Bauherren.
Die Wohnungsgenossenschaft Mitte wird gegenüber vom neuen ZOB ein Mehrfamilienhaus mit sechs Sozialwohnungen errichten. Schon ein Zeitungsartikel sorgte dafür, dass 30 Interessenten mit Berechtigungsschein durchklingelten – noch vor dem ersten Spatenstich.
Der Arbeitskreis Soziales Wohnen, in dem Bauamt, Amt für Wohnen und Soziales, der Bund der Architekten und die AG der Wittener Wohnungsunternehmen zusammenarbeiten, brach am Dienstag eine Lanze für das öffentlich gefördertes Bauen. „Der soziale Wohnungsbau in Witten kann sich lohnen“, sagte Stadtbaurat Markus Bradtke. „Es gibt dafür Grundstücke, die Nachfrage, eine auskömmliche Rendite und die Fördermittel.“
In den 1960er und 1970er Jahren war gut die Hälfte der Mehrfamilienhäuser öffentlich gefördert. Nach 30 oder 40 Jahren und Rückzahlung der Darlehen ist die Belegungsbindung dort ausgelaufen. Vor der Jahrtausendwende gab es in Witten noch rund 10 000 öffentlich geförderte Wohnungen. 2008 waren es gerade noch 4000, zuletzt im Jahr 2012 noch 3126. Und die Neuzugänge schaffen keinen Ersatz: Nur zwischen acht und 75 Mietwohnungen kamen seit 2009 jährlich dazu bei im Schnitt 210 Abgängen. Die absehbare Bilanz fürs laufende Jahr: 25 neuen Sozialwohnungen stehen 301 gegenüber, die wegfallen.
Das Wohnungsamt hat zuletzt jedes Jahr 400 neue Wohnberechtigungsscheine ausgestellt. Den tatsächlichen Bedarf nach bezahlbarem Wohnraum schätzen die Experten noch deutlich höher ein. Einen Anspruch darauf hat ein Vier-Personen-Haushalt mit einem Jahresbrutto bis 48 000 Euro, ein Alleinstehender mit bis zu etwa 18 000 Euro. „Etwa 40 bis 60 Prozent der Haushalte liegen unter dieser Einkommensgrenze“, schätzt Frank Nolte, Geschäftsführer der Wohnungsgenossenschaft Mitte.
Wer heute Sozialwohnungen neu baut, bekommt ein zinsloses Darlehen (1350 Euro pro Quadratmeter) plus 0,5 Prozent Verwaltungsgebühren. Das Grundstück muss er mitbringen. In der Laufzeit von 20 Jahren darf er nur eine Sozialmiete von 5,10 Euro/Quadratmeter (erhöht von 4,80 Euro/Quadratmeter) nehmen. Damit ließe sich zwar „keine exorbitante“, aber doch eine solide Investitionsrendite von drei bis fünf Prozent erzielen, so Architekt Sebastian Anding vom Bund der Baumeister - „die aber auch vom ersten Tag an.“ Auf dem freien Markt finde man heute kaum eine Bank, die sich mehr als zehn Jahre binde.
Die Rechnung mit der „soliden Rendite“ kann in Witten nicht nur für Wohnungsunternehmen aufgehen. Die 25 neuen Mietwohnungen im sozialen Wohnungsbau sind Eigentum eines Dortmunder Handwerkers. Stadtbaurat Bradtke: „Das ist seine Altersvorsorge.“