Witten. . Auch beim Medizinforum unserer Zeitung im Evangelischen Krankenhaus war es wieder proppenvoll. Viele Leser wollten sich über die Behandlung und Begleitung in der letzten Lebensphase informieren

Das Medizinforum unserer Zeitung wird für immer mehr Wittener zu einem festen Termin. Auch die Plätze im Evangelischen Krankenhaus waren bis auf den letzten besetzt. Und das, obwohl ein ernstes Thema auf dem Programm stand: Palliativmedizin – die Behandlung in der letzten Lebensphase.

Die meisten Menschen möchten zu Hause sterben – selbstbestimmt, ohne Schmerzen und umsorgt von ihren Lieben. Die Kontrolle über ihre Behandlung zu verlieren und unerträglich zu leiden, das macht auch vielen unserer Leser große Angst. „Können Sie Tumorpatienten in der Endphase so behandeln, dass sie hundertprozentig schmerzfrei sind? Geben Sie mir bitte eine ehrliche Antwort.“ Darum bat ein Mann, bevor seine Stimme tränenerstickt abbrach. Ein Bekannter habe sich erschossen, weil er seine Schmerzen nicht mehr habe aushalten können. Ein anderer sei nach Holland gefahren, „um sich die Todesspritze geben zu lassen“.

Eine „Null-Prozent-Schmerzen-Garantie“ könne er nicht geben, sagte Dr. Matthias Thöns, Leiter des Wittener Palliativnetzwerks. Besonders zu Beginn der Erkrankung, wenn der Patient noch aktiv sein und zum Beispiel Auto fahren wolle, könnten nicht alle Schmerzen genommen werden. Doch wenn es auf das Ende zugehe, hätten die Ärzte die Möglichkeit, schwerstkranke Menschen in Narkose zu versetzen und so vor allen Schmerzen zu bewahren, so Thöns: „Kein Mensch muss nach Holland, um Schmerzen zu entgehen.“

Ein anderer Leser wollte wissen, warum man nicht eine „Todespille“ beantragen könne, um sein Lebensende selbst bestimmen zu können. „Aktive Sterbehilfe ist verboten“, klärte ihn Dr. Jaqueline Rauh auf, Chefärztin der Onkologie und Hämatologie am EVK und niedergelassene Ärztin. Außerdem sei sie nicht mit der ärztlichen Ethik zu vereinbaren. Mit der Palliativmedizin könne man aber Schmerzen lindern und Patienten und ihren Familien zur Seite stehen. „Wir können Leiden so gut mildern, dass bei den Patienten der Wunsch schwindet, ihr Leben zu verkürzen“, ergänzte Dr. Thöns.

Aber wie sehe es in normalen Krankenhäusern aus, fragte Moderator und Redaktionsleiter Jürgen Augstein: „Sind die Ärzte weniger vorsichtig mit sehr starken Schmerzmitteln als früher?“ Die Palliativ- und Schmerztherapie werde zunehmend Bestandteil des Medizinstudiums, erklärte Rauh. Dass Ärzte auch todkranken Patienten bestimmte Medikamente aus Angst vor einer Abhängigkeit nicht gäben, sei deutlich weniger geworden, sagte auch Dr. Christoph Hackmann, Chefarzt der Klinik für Hämatologie und Onkologie am EVK.

Sie habe keine Angst mehr vor dem Tod, sagte eine Leserin zum Schluss unseres Medizinforums. Als Mitarbeiterin des ambulanten Hospizdienstes habe sie erlebt, wie gut das Palliativnetz funktioniere: „Am Ende kommt es nicht darauf an, was man hat, sondern wen man hat.“