Witten. . Das Deutsche Rote Kreuz hat seine Angebotspalette erweitert und ein Autusmus-Therapiezentrum eingerichtet. Es öffnet am Montag und ist das einzige im EN-Kreis.

An der Wand lehnen grüne Matten, am Rand steht ein Trampolin. Außerdem gibt es große Spielklötze und eine Balancierwippe. An der Decke sind dicke Haken befestigt, an die man eine Schaukel hängen kann. Der Bewegungsraum des neuen Autismus-Therapiezentrums wartet nur darauf, dass sich junge Patienten darin austoben. Heute beginnen die Mitarbeiter dort mit der Arbeit.

Insgesamt 120 m² groß sind die Räume in dem flachen Gebäude an der Ecke Sonnenschein/Lerchenstraße. Mehrere Therapieräume und eine Lernküche stehen zur Verfügung. Frisch renoviert ist alles. Dafür hat die Wohnungsgenossenschaft Witten-Mitte gesorgt, die auch das Bad behindertengerecht umgestalten ließ. Ganz früher war hier mal ein Edeka drin, zuletzt eine Wohnung. Nun hat das DRK Witten die Räume gemietet, um das Angebot zu erweitern. Das neue Autismus-Zentrum ist das einzige im EN-Kreis – und verringert die Wege für die Betroffenen, die zuvor nach Hamm oder Dortmund fahren mussten, erheblich.

Die Zahl der an Autismus erkrankten Menschen steige stetig, „weil die Diagnosemöglichkeiten sich verbessert haben“, erklärt Diplom-Sozialpädagogin Kerstin Mettig (32), die zuvor in der Autismus-Ambulanz Hamm arbeitete und nun das Wittener Zentrum leitet. Etwa 80 Autisten kämen auf 100 000 Bürger, ergänzt DRK-Geschäftsführer Thomas Voß. 15 Anmeldungen für das neue Zentrum gab es schon vor dem Start. Mit Kerstin Mettig werden sich noch ihre beiden Teilzeitkolleginnen Dulce Costa und Catrin Ocken, die im Mai, bzw. Juni beginnen, um die Patienten kümmern.

Betreut werden vorwiegend junge Menschen von drei bis 21 Jahren, aber auch Erwachsene. Im Durchschnitt bekommen sie zwei Stunden pro Woche als Leistung von den Krankenkassen bewilligt. Die Therapien richten sich an alle Formen von Autismus, einer Entwicklungsstörung, die nicht heilbar ist. „Es gibt drei Kernsymptome“, erklärt Kerstin Mettig, die mal Kinderkrankenschwester gelernt und sich bereits als Teenager ehrenamtlich in der Behindertenhilfe ihrer Gemeinde engagiert hat.

Probleme in der Kommunikation etwa äußern sich durch Schwierigkeiten, ein Gespräch beginnen zu können. „Oft fehlen Wörter“, sagt Mettig, „oder Sprichwörter werden wörtlich verstanden“. Weil sich der Betroffene nicht richtig mitteilen könne, reagiere er oft aggressiv. Störungen in der Wahrnehmung seien ein weiteres Symptom, also unterschiedliche Empfindungen von Hitze und Kälte oder Lautstärke. Außerdem, so die Leiterin, haben Autisten ein eingeschränktes Verständnis von sozialem Miteinander. „Ein Rempler im Schulflur kann da zum Riesendrama werden.“

Natürlich gehört nicht nur das Austoben zur Therapie. Manchmal sind es Kleinigkeiten, die helfen können. So verhindere ein abgeklebter Arbeitsbereich auf dem Tisch in der Schule etwa, dass ein Kind sich ausbreitet. Pläne mit bunten Bildern strukturieren den Tagesablauf. Bei Gesellschaftsspielen üben die Kinder, Regeln einzuhalten. Erklärtes Ziel sei, so Mettig, Familien zu befähigen, im Alltag ohne Hilfe klarzukommen.

Das DRK betreibt sechs Autismus-Therapiezentren in Westfalen-Lippe. Etwa 40 000 Euro kostete das Inventar inklusive Therapiematerial. Fördergelder gab es dafür von der Aktion Mensch. Letzten Freitag wurde der Vertrag für die Leistungsvereinbarung mit dem Kreisgesundheitsamt unterzeichnet. „Ab heute dürfen wir abrechnen“, sagt DRK-Geschäftsführer Thomas Voß.

Das neue Zentrum befindet sich am Sonnenschein 57a (Eingang Lerchenstraße). Kontaktaufnahme unter der Telefonnummer 91016-0.