Wieder einmal werfen die ‚Wittener Tage für neue Kammermusik‘ Ende April 2013 ihren Schatten voraus. Die Städtische Musikschule erinnert daran, dass das renommierte Festival seinen Ursprung dem Engagement eines Wittener Bürgers zu verdanken hat: Robert Ruthenfranz begründete dieses internationale Festival 1936.

Fast verdrängt sei zudem heute, dass ein anderer Wittener die Tradition der neuen Musik in Witten über Jahrzehnte aufrecht erhielt. Professor Jürgen Löchter machte sich als Akkordeonist, aber auch als Komponist, Interpret der Werke Ruthenfranz‘, Begründer von Avantgarde-Ensembles, Dozent und Wertungsrichter weltweit einen Namen.

Seit 55 Jahren setzt sich der Wittener für die Musik der Avantgarde ein, ist weiterhin vor allem international aktiv. Heute lebt der 1939 geborene Künstler im beschaulichen Rüdinghausen. Als Solist von den Weiten Russlands über Skandinavien, Afrika bis Nord- und Mittelamerika begehrt, etablierte er sein Instrument, das Einzelton-Akkordeon auch in den deutschen Musikhochschulen.

Er war Professor an der Musikhochschule Köln und Direktor der Musikschule Witten. Über Jahrzehnte wurden seine Einspielungen vom WDR ausgestrahlt. Er begründete die ‚Gruppe neue Musik, Witten‘ und war Mitglied des ‚Bonner Ensemble für neue Musik’ sowie des Ensemble ‚Musique vivante Paris’. Als Solist und Ensemblemusiker war er häufig bei den ‚Wittener Tagen für neue Kammermusik‘ zu erleben, brachte als Gründer und Leiter des Kammer-Orchesters Witten Werke der Avantgarde zur Aufführung.

1991 war es Löchters Verdienst, den Hugo-Herrmann-Wettbewerb erstmalig nach Witten zu holen. Der damalige Leiter des Kulturamtes, Volker Buhlmann, sagte bei dieser Gelegenheit: „Seine erfolgreichen Aktivitäten als Solist in puncto Avantgarde-Musik innerhalb und außerhalb der Stadt waren für die Wittener Stadtverwaltung Grund genug, sich um die Austragung des Hugo-Herrmann-Wettbewerbes in Witten zu bemühen.“

Löchter installierte in Witten und an der Musikhochschule Köln eine Akkordeonklasse, begründete das heute noch existente Landesjugend-Akkordeonorchester NRW. Immer noch ist der Präsident der European Accordion-Federation als Wertungsrichter und Juryvorsitzender bei nationalen und internationalen Wettbewerben aktiv. Erstrebenswert erscheint ihm nach 55 Jahren Einsatzes für die Neue Musik eine höhere Präsenz von Wittener Künstlern bei den Kammermusiktagen, eine „wieder auflebende Bodenhaftung“.