Witten. . Edgar Pferner floh 1966 aus der DDR in den Westen. Seit 1980 lebt und arbeitet er in Witten. Doch der Kontakt zur alten Heimat ist ihm wichtig.
Die Deutsche Einheit ist ihm eine Herzensangelegenheit. Und Fußball mag er auch ganz gern. Was also liegt näher, als beides miteinander zu verbinden: Im Jahre 2015 möchte Edgar Pferner ein Benefizspiel organisieren, denn dann liegt die Unterzeichnung des Einigungsvertrags 25 Jahre zurück.
Pferner, der seit 1980 in Witten lebt und arbeitet – er betreibt einen Friseursalon an der Augustastraße – plant lange im Voraus, denn er weiß, dass es noch sehr viel zu organisieren gibt. Bereits zum 20-jährigen Bestehen der Deutschen Einheit hat er Ähnliches auf die Beine gestellt – „drüben“. Das Wort benutzt Edgar Pferner häufig. Denn von dort kommt er. Der 61-Jährige stammt aus dem Gebiet Eicksfeld in der Nähe von Duderstadt, das früher nur wenige Kilometer von der Zonengrenze entfernt in der DDR lag.
„1966 bin ich geflohen“, erzählt Edgar Pferner. Mit seinem Vater machte er sich bei Nacht und Nebel auf den Weg. Weil Schnee lag, waren die beiden mit Skiern unterwegs – zur Tarnung eingehüllt in weiße Laken. Mutter und Bruder sollten ein Jahr später folgen. Doch es kam alles anders. Zwar glückte die Flucht, doch bald nach der Ankunft starb der Vater. Edgar Pferner, kaum 15, sollte ausgewiesen werden. Er verbrachte die erste Zeit in Aufnahmelagern in Friedland, Gießen und Unna-Massen. Ein Bochumer Rechtsanwalt nahm sich seiner an. Pferner zog zigmal um, damit ihn der Arm des Gesetzes nicht erreichen konnte, bis er 18 war. Mit Erfolg.
Der junge Mann blieb zunächst in Bochum, wo er seine Gesellenjahre verbrachte: „Mein Vater wollte, dass ich Installateur werde.“ Pferner liebäugelte mit Frisör oder Maler. Der Kontakt zu dem Mann, der ihm im Lager die Haare schnitt, gab den Ausschlag.
Fast 20 Jahre nach der Flucht besuchte Edgar Pferner zum ersten Mal seine Heimat, sah jetzt erst seine Familie wieder. Das Dorf Reinholterode, aus dem er kam, war noch Sperrgebiet. Nach der Wende belebte Pferner den Kontakt zu seinen Schulfreunden, die einst auch seine Fußballkumpels waren, neu. Diese Verbundenheit war es, die ihn das erste Benefizspiel organisieren ließ. Mit einer Tombola, die 400 Euro für einen Kindergarten erbrachte, und mit einem Baum, der symbolisch gepflanzt wurde. Die Veranstaltung in zwei Jahren soll ähnlich, aber größer ausfallen.
Ein ganzes Wochenende im September plant Pferner gerade. Samstags sollen verschiedene Gruppen um den Sieg spielen: eine Frauenmannschaft aus Bochumer und Wittener Friseurlehrlingen, achtjährige Jungs vom TSV Reinholterode gegen gleichaltrige Wittener Kicker, eine 1. Herren-Mannschaft von drüben sowie eine Seniorentruppe aus Obermeistern der Kreishandwerkerschaft Ruhr. Gern würde Pferner fürs sportliche Ereignis eine Mannschaft des VfL Bochum gewinnen. Und fürs politische Drumherum Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert. Sonntags soll in der Wallfahrtskirche Stiepel außerdem eine Messe stattfinden.
Aus Originalstacheldraht der ehemaligen Zonengrenze, den sein inzwischen verstorbener Bruder aufbewahrt hat, sollen Kreuze gestaltet werden. „Die will ich hier und drüben und am Checkpoint Charlie in Berlin aufstellen.“
Edgar Pferner weiß, „es ist verdammt schwer, etwas zu bewegen“. Doch weil er Spaß dran hat, wagt er es, das Projekt zu stemmen. „Und weil ich damals bei der Flucht so großes Glück hatte. Ich hätte genauso gut auf eine Mine treten können.“