Witten. . Kaltes Winterwetter und die Nachbarschaft zeigten reisenden Demonstranten in Annen die kühle Schulter. Kundgebung von „pro NRW“ verlief friedlich.
Witten bereitete der vom Verfassungsschutz beobachteten und als rechtsextrem eingestuften Partei „pro NRW“ einen frostigen Empfang. Bei minus drei Grad und eisigem Wind fand die Kundgebung ihre Zuhörer gestern nur unter den rund 50 Gegendemonstranten.
15 Menschen in blauen Anoraks und mit zweifelhafter Gesinnung wurden in drei Kleinbussen mit abgedunkelten Scheiben und Kennzeichen von ganz weit weg nach Witten gekarrt, um vor dem Asylbewerberheim am Marderweg laute Töne von sich zu geben. Außerdem waren zwei Wittener dabei, die Fahne und Wappen der Stadt in die Kundgebung mit einbrachten. Dabei wurde von den Teilnehmern einer Hoffnung auf den „Einzug in den Stadtrat in Fraktionsstärke“ Ausdruck verliehen und ein baldiges Wiederkommen der Truppe in Aussicht gestellt. Der ganze Rest ist nicht zitierfähig.
Eine doppelte Polizeikette riegelte die 17 Kundgebenden von Anwohnern und weiteren Wittenern ab, die vor allem mit einem Ziel erschienen waren - die ungebetenen Gäste so schnell wie möglich wieder los zu werden. „Wir wollen keine Nazis am Hüllberg haben“, bringt Anwohner Hans-Günter Koch (59) die Sache auf den Punkt. „Wir wohnen hier schon lange und haben nie mit den Migranten aus dem Heim Theater gehabt. Und wir wehren uns dagegen, dass jetzt hier auf einmal Rechte erscheinen.“ Ehefrau Renate Koch (59) freut sich, „dass auch so viele Jugendliche aus unserer Stadt zu uns gekommen sind. Ich finde das nicht gut, das Auswärtige hier erscheinen und Stimmung machen wollen.“
„So etwas darf man nicht zulassen“
Einige gestandene Sozialdemokraten sind unter den rund 50 Besuchern, die ihr Kommen zu einer Spontankundgebung bei der Einsatzhundertschaft der Polizei angemeldet hatten. Willi Humberg zum Beispiel, und Susanne Fuchs (43) vom Ortsverein Hüllberg. „Ich bin Annenerin und will dafür sorgen, dass die Demokratie erhalten bleibt. So etwas darf man nicht zulassen“, sagt die engagierte Sportlerin aus dem Stadtteil. Auch Katharina Schwabedissen von der Linken ist da: „Ich will Solidarität zeigen mit den Menschen, die geflüchtet sind, und dass wir keine Hetzpolitik wollen. Die Schilder gegen Rassismus am Ortseingang müssen wohl noch größer werden, damit sie auch wirklich jeder sieht.“
Einem 63-jährigen Wittener, der aus der Innenstadt zum Hüllberg nach Annen gekommen war, graust es angesichts der Parolen, die von „pro NRW“ hinter dem Polizeikordon abgegeben werden. „Diese Sprüche, das hat es alles schon mal in Deutschland gegeben, und wir wissen ja, wohin das geführt hat. Das hier ist ja nur ein Auftakt, eine Wandertruppe, die durch ganz NRW läuft, von einem Veranstaltungsort zum anderen. Ich bin jetzt Rentner und kann endlich die Leute unterstützen, die dagegen etwas unternehmen.“
Mitglied von proNRW und Piratenpartei
Zur so genannten Wandertruppe gehört auch Oliver Wesemann, der sich zusätzlich eine große Piraten-Flagge umgebunden hat. Er ist aus Köln herbeigefahren worden, um in Annen auf der Straße zu stehen. „Ich bin Mitglied von ,pro NRW’ und der Piratenpartei, für mich ist das gar kein Widerspruch.“
Eine Stunde dauert die Kundgebung, während derer die Abgase des Dieselgenerators die Luft erfüllen. Applaus müssen sich die 17 selbst spenden, ehe sie dem Wunsch ihrer Zuhörer Folge leisten: „Ihr könnt nach Hause geh’n.“