Es schneit noch und die Eisdielen in Witten haben bereits geöffnet. Hohe laufende Kosten und der Trend zu Kuchen und Waffeln zwingen sie dazu. Für das Eiscafé De Lorenzo könnte es die letzte Öffnung nach der Winterpause sein.
Es ist Eiszeit in Witten – nicht nur wegen der kalten Temperaturen, der glatten Straßen und der eingeschneiten Felder. Die Eisdielen in der Ruhrstadt haben geöffnet. Und das mitten im Winter. Immer kürzer werden die Zeitspannen, in denen Simonetti, Dolce Vita & Co. eine Pause vom eiskalten Geschäft machen können. Neue Trends und hohe laufende Kosten zwingen sie zum Kurzurlaub.
„Wir haben bereits seit dem 15. Januar wieder geöffnet“, sagt Nereo Bez. Sein Eiscafé De Lorenzo am unteren Ende der Bahnhofstraße hatte nur im November und Dezember 2012 zu.
Miete fällt immer an
„Es ist alles viel schwerer geworden.“ Der 65-Jährige macht Eis, seit er denken kann. Zuletzt war er Betreiber von Eisdielen in Eichlinghofen und Oespel. Dort waren die Winterpausen länger. Erst im April 2012 hat er das Eiscafé in der Fußgängerzone übernommen und ist enttäuscht: „Die laufenden Kosten sind einfach zu hoch.“ Die kann das Café schon im Sommer kaum decken – im Winter lohne es sich noch viel weniger. Aber deswegen länger zu pausieren, sei unmöglich. Denn Miete falle an und die Konkurrenz sei groß. „Es reicht nicht mehr zum Leben.“ Seine Frau und er denken über das Aufgeben nach.
„Die Eistradition hat sich gewandelt“, sagt Meryem Hassan-Ojen. Die 28-Jährige arbeitet seit 14 Jahren im Eiscafé Simonetti an der Ruhrstraße. Das Café existiert dort seit 1980. Damals waren noch Winterpausen bis zu vier Monaten üblich. Dieses Mal war nur im Dezember und Januar geschlossen. „Es gibt auch ganz klar eine Nachfrage.“ Das Angebot wurde über die Jahre erweitert: Kuchen und Waffeln sind jetzt gefragt.
„Früher brauchte man nicht so viele Extrasachen“, sagt Ettore Bortoluzzi, Chef im Eiscafé Dolce Vita am Berliner Platz. Auch er spürt den Wandel. Es habe angefangen in den 90ern, als überall große Einkaufszenten eröffneten. Die Eisdielen darin boten Kuchen und Snacks an. „Das führte zum Dominoeffekt.“ Alle anderen mussten nachziehen. Als das Internet kam, verloren die Eisdielen als klassischer Treffpunkt an Reiz für junge Leute. Die Betreiber mussten umdenken. Zur Zeit macht das Dolve Vita die Hälfte des Umsatzes mit Eis und die andere Hälfte mit Kuchen und Snacks. Rund 25 Kilo Frischeis werden pro Tag produziert – im Sommer sind es rund 180 Kilo. Das Wintergeschäft sei nötig wegen der laufenden Kosten. Das Eiscafé entscheidet je nach Wetter, für wie lange es schließt.
„Mit der Schließung überbrückt man mittlerweile nur die schlimmsten Monate“, sagt Theresa Vizzini, Betreiberin des gleichnamigen Eiscafés an der Pferdebachstraße. Sie meint damit die Zeit um Weihnachten, wenn der Umsatz kaum die Stromkosten decken würde. Ende Oktober ging das Café in seine Winterpause. Seit Samstag ist wieder geöffnet. „Wir waren am Wochenende auch direkt sehr gut besucht.“ Vor allem Stammkunden würden darauf warten, dass ihre Eisdiele öffne, deshalb mache man möglichst schnell wieder auf.
„Wir haben diesen Winter ein Experiment gemacht“, sagt Daniela Ritter, Geschäftsführerin der Eiscafé San Remo GmbH in Annen. Statt der hier üblichen vier bis sechs Wochen blieb die Eisdiele sogar drei Monate zu, um der mageren Zeit der Weihnachtsmärkte und Weihnachtsfeiern auszuweichen. Das einzige Resultat sei bislang, dass die Stammgäste das Café vermisst hätten. „Ich glaube nicht, dass wir noch einmal so lange zumachen werden.“