Witten. .
Der angekündigte Rücktritt von Papst Benedikt XVI. ist in Witten mit großer Überraschung aufgenommen worden.
Dieter Osthus, Dechant des kath. Dekanats Hagen-Witten, erfuhr auf einer Reise durch den südindischen Bundesstaat Kerala von der Rücktrittserklärung des Papstes. „Ich bin erschüttert. Für mich ist das ein mutiger Entschluss, den der Papst nicht von heute auf morgen getroffen hat“, sagte Osthus unserer Zeitung. „Das zeugt von einer guten Selbsteinschätzung. Damit hat er dem Petrusamt einen letzten guten Dienst erwiesen.“
Ein beispielloser Schritt
Osthus würdigt den „in der neueren Kirchengeschichte beispiellosen Schritt“, für den es keine Anzeichen gegeben habe, und könnte sich vorstellen, dass der Papst sich mit seinem Bruder in ein bayrisches Kloster zurückziehen werde.
„Abwarten und beten“ steht für den stellv. Dechanten und Hevener Pfarrer Hans-Otto Schierbaum jetzt im Vordergrund. „Wir legen die Nachfolge ganz in Gottes Hand.“ Den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung am Rosenmontag empfindet Schierbaum jedoch als „eher etwas unglücklich“.
Papst war ein Glücksfall für die Caritas
Für die Caritas sei Papst Benedikt ein Glücksfall gewesen, betont Hartmut Claes, Geschäftsführer des Caritasverbands Witten. „Mit seiner Sozialenzyklika ,Deus caritas est’ (Gott ist die Liebe) hat er deutlich gemacht, dass Kirche und Caritas – die Nächstenliebe – unabdingbar zusammengehören.“
„Der katholischen Kirche weht der Wind stark ins Gesicht“, so Pfarrer Jochen Winter von St. Peter und Paul in Herbede. „Wer auf diese Angriffe und auch die Schieflage von Kirche reagieren will, der muss im Vollbesitz seiner körperlichen und geistigen Kräfte sein. Wenn er sagt, das schaffe ich nicht, dem bin ich nicht gewachsen, da muss ein anderer her, dann hat er mein volles Verständnis.“
Volles Verständnis für Entscheidung
Auch Dr. Karl Heinz Grenner, Subsidiar an St. Vinzenz, war von der Rücktrittserklärung überrascht. „Ich hatte mich schon gefragt, ob Benedikt die Reise zum Weltjugendtag nach Brasilien wohl schafft. Der nächste Papst sollte jünger sein. Er muss die Kirche zusammenhalten und sich nicht nur mit den Orthodoxen, sondern auch mit den Evangelischen treffen.“
„Wenn der Papst sagt, die Kraft reicht nicht mehr, habe ich volles Verständnis dafür“, so Ingo Neserke, Superintendent des ev. Kirchenkreises Hattingen/Witten. „Ein Kirchenleitungsamt ist mit so viel Kraftaufwand verbunden.“ Neserke habe sehr stark wahrgenommen, dass Benedikt XVI. um den Zustand der katholischen Kirche als Institution sehr bemüht gewesen sei. „Meine Hoffnung ist, dass der ökumenische Gedanke in Rom so stark zum Tragen kommt, wie wir ihn hier in den Gemeinden vor Ort schon leben.“
Würde des Amtes vor persönliches Interesse gestellt
Bürgermeisterin Sonja Leidemann hat die Amtszeit von Papst Benedikt XVI. gewürdigt. „Für mich stand Papst Benedikt für die Schlagzeile ,Wir sind Papst’. Er stand für mich als Protestantin eher für eine konservative Ausrichtung der katholischen Kirche. Ich kann es gut nachvollziehen, dass er in seinem hohen Alter zurücktritt, weil es auch mit hohen Belastungen verbunden ist, ein solches Amt auszuüben. Ich hoffe, dass es gelingt, einen würdevollen und engagierten Nachfolger zu finden.“
Wittens CDU-Chef Ulrich Oberste-Padtberg „war total überrascht. Andererseits war mir aber klar, dass Papst Benedikt einen solchen Weg wählen würde. Für alle Deutschen war er ein absoluter Glücksfall, der auch der katholischen Kirche in Deutschland gut getan hat.“ Er habe vor dem Schritt einen Riesenrespekt, „Benedikt hat die Würde des Amtes vor sein persönliches Interesse gestellt.“
Muslime würdigen Vorbild
Integrationsrats-Mitglied Mehmet Öztürk glaubt, dass der bevorstehende Rücktritt auch mit den deutschen Wurzeln des Papstes zu tun hat. „Deutsche denken oft sehr rational. Wenn sie merken, sie können ein Amt nicht mehr bewältigen, dann klammern sie sich auch nicht daran. Für mich ist es vorbildlich, dass Papst Benedikt immer wieder auf uns Muslime zugegangen ist, wie zum Beispiel bei seinem Deutschlandbesuch 2011.“