Bei einem Schlag gegen eine internationale Schleuserbande hat die Bundespolizei am Dienstag (29.1.) unter 37 Wohnungen auch ein Haus in Witten durchsucht.
Nach einem dort lebenden 39-jährigen Syrer wurde mit Haftbefehl gefahndet. Er soll als Fahrer und Organisator tätig gewesen sein.
Bundesweit lief die Razzia morgens früh um sechs an. 500 Beamte - in Ahlen sogar schwer bewaffnete Kräfte der GSG 9 - waren außer in NRW in Niedersachsen, Bremen, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt im Einsatz. Die Polizei stellte nach eigenen Angaben umfangreiches Beweismaterial wie Datenträger, Mobilfunktelefone, Notizen, Betäubungsmittel, Ausweisdokumente und 145 000 Euro in bar sicher. Sechs Männer zwischen 38 und 58 Jahren wurden festgenommen, Syrer, Deutsche und ein Iraker.
Der Mann aus Witten wurde zwar nicht in seiner Wohnung angetroffen, später aber im sauerländischen Lennestadt festgenommen. In seiner Wittener Wohnung fand man Kopien von Ausweisdokumenten. Vor allem syrische Landsleute soll die Schleuserbande über die Grenzen auf verschiedenen Wegen nach Europa geschafft haben - mit Lkw, Flugzeugen und Schiffen unter zum Teil menschenunwürdigen und auch lebensgefährlichen Umständen.
Es muss wie im Film oder schlimmer gewesen sein: Menschen, die tagelang auf der Ladefläche von Lkw zubrachten, eingepfercht auf engstem Raum, das Trinkwasser mitunter eingefroren, kaum wissend, wo sie ihre Notdurft verrichten konnten. Ins Rollen gekommen war der Fall, als die Polizei im April 2011 einen Lkw mit 14 Syrern im brandenburgischen Jänschwalde stoppte.
Den sechs Festgenommenen wird vorgeworfen, als Teil einer international vernetzten Bande in 127 Fällen mindestens 270 Menschen nach Deutschland oder in andere Schengenstaaten geschleust zu haben. Was genau auf das Konto des als Fahrer und Organisator tätigen Syrer aus Witten geht, wollte ein Sprecher der Bundespolizei Berlin aus Ermittlungsgründen nicht sagen. Die Flüchtlinge seien in den verschiedensten Ländern abgeholt und dann zur nächsten Etappe oder ins Zielland gebracht worden. Die Schleuser ließen sich ihr Handwerk gut bezahlen. Je nach Route kassierten sie 4500 bis 17 000 Euro.
Kopf der Bande soll ein 58-jähriger Syrer aus Essen sein. Deshalb wurde die gestrige Razzia auch von der Staatsanwaltschaft Essen veranlasst. Sie wirft dem Mann vor, den Geldtransfer aus dem Ausland an die jeweiligen Schleuserorganisationen verwaltet zu haben. Bei Durchsuchungen in Essen wurden ebenfalls Datenträger, Betäubungsmittel und knapp 40 000 Euro Bargeld sichergestellt.