Witten. . Am gestrigen Holocaust-Gedenktag legten Wittener Bürger einen Kranz an der Stele des jüdischen Friedhofs am Ledderken nieder. Auch eine Schülerin des Ruhrgymnasiums ehrte die Opfer des Terrors.

Mit einer Kranzniederlegung auf dem jüdischen Friedhof am Ledderken gedachten Wittener Bürger gestern der Opfer des Nationalsozialismus.

Sie hatten dem kalten Wind, hohen Schnee und eisigen Nieselregen getrotzt, die rund 25 Bürger um die deutsch-israelische Gesellschaft, den Freundeskreis der Israelfahrer sowie Lilo Dannert (Grüne) als Vertreterin des Rats der Stadt Witten, die zum öffentlichen Gedenken auf dem kleinen, etwas versteckt liegenden Friedhof am Ledderken zusammenkamen. Denn gestern jährte sich der Tag der Befreiung des KZ Auschwitz, der unter dem Motto „Rettung während des Holocaust - der Mut zum Handeln“ stand.

In Witten wird der Tag seit 1997 regelmäßig begangen, oft am ehemaligen KZ-Außenlager Buchenwald in Annen. „Wir wollen versuchen, dem Gedenken dort eine neue, angemessene Form zu geben“, sagte Lilo Dannert am Rande der Veranstaltung, die von Alt-OB Klaus Lohmann mit einer Erinnerung an Wittener Juden, die nun in alle Welt verstreut sind, eingeleitet wurde.

Zeitgemäße Form der Erinnerung

Für eine zeitgemäße Form der Erinnerung, die nicht in Worthülsen und rituellen Pflichtübungen erstarrt, sprach sich die Leiterin des Stadtarchivs, Dr. Martina Kliner-Fruck, aus. „Die Erinnerung darf nicht enden, sie muss künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen. Es ist deshalb wichtig, eine Form der Erinnerung zu finden, die in die Zukunft wirkt“, zitierte sie den ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog. „In Witten haben wir zum Glück viele Zeitzeugen, die immer wieder die Erinnerungsarbeit fortsetzen.“

Auch deshalb kündigte sie an, nach Abschluss des Umzugs des Stadtarchivs wieder Führungen über den jüdischen Friedhof zu organisieren. Denn der kleine Friedhof ist nicht nur Grabstätte, sondern auch „stummer Zeuge“ der Wittener Geschichte. So gibt es zum Beispiel dort auch nicht-jüdische Gräber von Eheleuten, die ihren jüdischen Partnern trotz Rassengesetzgebung, Druck und Verfolgung treu geblieben waren.

Ruhr-Schülerin ehrt Opfer der Verfolgung

Ein kurzer Gang führte die Gruppe nach der Kranzniederlegung zu den Gräbern von Jakob und David Wilzig. Der eine, Jakob Wilzig, wurde 1938 von den Nationalsozialisten verschleppt, im KZ Sachsenhausen ermordet und im Juni 1938 im Morgengrauen auf dem jüdischen Friedhof begraben. Der andere, David Wilzig, war der letzte, der vor Kriegsende dort beigesetzt wurde; er nahm sich 1941 das Leben, weil er dem Druck der NS-Repressionen nicht mehr gewachsen war.

In einer anrührenden Geste legte Ronja, Schülerin des Ruhrgymnasiums, einen Kieselstein als Zeichen des Gedenkens auf die Stele mit den Namen der ermordeten jüdischen Bürger. Sie forscht zurzeit im Stadtarchiv zur Geschichte der Verfolgung in Witten - und zeigt, dass auch weiterhin junge Menschen sich der Vergangenheit stellen.