Im letzten Jahr wurden 150, in diesem Jahr bereits 200 Portionen beim Weihnachtessen der Ruhrtal-Engel auf dem Rathausplatz verteilt. Tendenz: steigend.
Alle Welt spricht von Völlerei unterm Tannenbaum. So manch einer weiß zu Weihnachten nicht mal, wie er die ganzen Kaffeekränzchen, Festtagsbraten und Schokoleckereien hinter dem Gürtel verstauen soll. Doch während große Teile der Gesellschaft für die Feiertage auf Konsum umschalten, steigt die Zahl derer, denen das vom Einzelhandel propagierte Winter-Schlaraffenland verwehrt bleibt.
Sie sind meist einsam und bedürftig. Und sie kommen mittlerweile aus allen Nachbarstädten zum kostenlosen Weihnachtsessen der „Ruhrtal Engel“. Einmal im Jahr, immer am zweiten Weihnachtsfeiertag, wird das Angebot des gemeinnützigen Vereins auf dem Rathausplatz für sie zum Treffpunkt. 150 Portionen mit warmem Essen gab es im letzten Jahr, 200 Portionen in diesem. Tendenz: steigend.
„Wir haben jedes Jahr Zuwachs“, sagt Hans-Peter Skotarzik, Vorsitzender des Vereins. Vor vier Jahren führten die „Engel“ die kostenlose Verköstigung ein. Für alle Bürger offen, sollte sie als Schnittstelle zwischen allen Bevölkerungsgruppen fungieren. „Aber rund 90 Prozent unserer Gäste sind wirklich sozial schwache und bedürftige Menschen“, beobachtet Skotarzik.
Der Anteil steige mit der weiter wachsenden Armut. Das spüre er auch in anderen Bereichen der Vereinsarbeit: „Wir kriegen immer mehr Anfragen, wo es wirklich um das Nötigste geht, wo Familien sich keinen Schulranzen für die Kinder leisten können.“
Über die Stadtgrenzen hinaus bekannt
Mittlerweile ist das Weihnachtsessen auch weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Im verbliebenen Märchenwald auf dem ansonsten größtenteils abgebauten Weihnachtsmarkt sitzt auch eine Frau aus Bochum unter den Gästen. „Ich wäre sonst ganz allein“, sagt sie. Von Freunden hat sie von dem kostenlosen Essen gehört. „Ich bin zum ersten mal hier. Aber ich glaube, einige Gesichter kenne ich.“
An Bierzelttischen lässt sie sich mit den anderen das Essen schmecken. Auch in diesem Jahr dampft wieder sättigende Hausmannskost in den Töpfen. Es gibt Sauerbraten, Knödel und Rotkohl. Währenddessen sorgt Sänger Horst „Hotte“ Schröder für musikalische Unterhaltung. Danach spielen die Kinder und Jugendlichen der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde mit Blockflöten und Geigen vor.
Zum Schluss bekommt jeder Gast noch eine Süßigkeitentüte. Kekse, Schokolade, Obst und Lebkuchen: Für manche ist es vielleicht das einzige Weihnachtsgeschenk.