Witten. . Gerade vor Weihnachten nutzen Bürger die Angebote verstärkt.

Der Anteil der Menschen in unteren Einkommensschichten stieg seit 1997 um vier Mio, so das Ergebnis einer Studie der Bertelsmann-Stiftung. Das Jobcenter des EN-Kreises weist darauf hin, dass Hilfsbedürftige im Notfall auch zwischen den Jahren bei der Tafel „etwas zu essen bekommen“. Und Tafel-Mitarbeiter Jürgen Golnik bestätigt: „Es werden mehr Kunden.“ Weihnachtszeit – Wohlstandszeit? Weit gefehlt.

Bei der Tafel an der Herbeder Straße verteilen sie an diesem Tag Geschenke. „Rund 70 Spenden haben wir bekommen, etwa 80 Prozent sind Spielzeug und Kinderbücher“, sagt Jürgen Golnik (46). Viele Ältere werden deshalb leer ausgehen. Dabei kämen gerade vor den Feiertagen Leute, die länger nicht da waren, zum Frühstück, zum Mittagessen oder in den Laden. „Die Menschen decken sich ein, weil wir ab Samstag fast eine Woche zu haben“, so Golnik. Weihnachten, das sei für viele Kunden nichts besonderes, weil sich an ihrer Notlage ja nichts ändere.

Jeweils etwa 25 bis 40 Bürger nutzen am Monatsanfang die Angebote der Tafel, am Ende des Monats sind es 50 bis 60. „Inzwischen sind viele neue Gesichter darunter. Vor allem zum Frühstück kommen viele Jüngere“, erklärt Jürgen Golnik.

Regelmäßig kauft die 23-jährige Wittenerin im Tafelladen ein. „Weil das Gemüse hier günstiger ist als im Supermarkt“. Heute hat sie ihren Sohn dabei, der den Einkaufstrolley zieht. Dass für ihn ein Geschenk unterm Weihnachtsbaum liegen wird, ist für die junge Mutter trotz knapper Kasse selbstverständlich. „Wenn er sich was Größeres wünscht, dann spare ich eben schon Monate vorher.“ Geld leihen würde sie sich dafür höchstens bei der Familie. In diesem Jahr werde das nicht nötig sein. Der Siebenjährige wünscht sich ein Playstation-Spiel.

Extrageld zum Fest – „das kriegen Hartz-IV-Empfänger nicht“, sagt Michael Gonas, Leiter der Regionalstelle Witten des Jobcenters EN. Vor 2005 habe es mal eine Art Weihnachtsbeihilfe gegeben. „Seitdem wurden die Regelsätze so angepasst, dass die Bedürftigen etwas ansparen können.“

Rund 5300 Bedarfsgemeinschaften gibt es in Witten. Dahinter verbergen sich etwa 7100 erwerbsfähige Leistungsberechtigte und ungefähr 2600 Sozialgeldempfänger, also Kinder oder Erwerbsunfähige, die in Bedarfsgemeinschaften leben. „Die Zahlen stagnieren derzeit“, so Gonas. 382 Euro beträgt ab Januar 2013 zum Beispiel der Regelbedarf für Alleinstehende, das sind acht Euro mehr als 2012. 345 Euro sind es für volljährige Partner der Bedarfsgemeinschaft, 224 Euro für Kinder bis sechs Jahre.

Ein wenig Freude zum Fest bescheren ihnen verschiedene Wittener Einrichtungen. Freitag lädt die Tafel zur Weihnachtsfeier. Gestern veranstaltete das Annener Gasthaus ein Essen für Bedürftige (S. 3).