Veränderungen im Schulsystem belasten den Alltag vieler Jugendlicher.
Verkürzte Schulzeit bis zum Abi, mehrere Nachmittage pro Woche spät zu Hause – dass G8 und OGS den Alltag von Schülern verändern, steht außer Frage. Ob sie tatsächlich zu viel Stress und zu wenig Freizeit haben, darüber sind die Meinungen geteilt. Wir sprachen mit Vertretern des Kinder- und Jugendparlaments (KiJuPa), betroffenen Jugendlichen außerhalb des Gremiums – und mit zwei Schulleitern.
In der letzten Sitzung des KiJuPa waren sich fast alle einig: 33 von 36 Teilnehmern klagten über Zeitmangel, so das Ergebnis einer kurzen Umfrage. „Wir haben selbst immer öfter gemerkt, dass wir Termine oder Treffen von Arbeitskreisen zeitlich nach hinten verschieben mussten oder nur mit halber Besetzung arbeiten konnten, weil sich immer mehr aus schulischen Gründen abmeldeten“, erklärt KiJuPa-Sprecher Luis Basler.
Der 18-Jährige macht im nächsten Frühjahr am Schiller-Gymnasium sein Abi – nach 13 Jahren – und steckt, als die Zeitung anruft, gerade mitten in den Vorbereitungen für die nächste Deutsch-Klausur. „Ich habe selbst gemerkt, dass es sehr schwer ist, sich außerhalb der Schule zu engagieren, was ich aber nicht missen wollen würde“, sagt Luis Basler. Sein Bruder besuche die 9. Klasse des Ruhr-Gymnasiums, habe drei Mal pro Woche bis 15.30 Uhr Schule und sitze danach trotzdem noch an den Hausaufgaben – obwohl an langen Schultagen für den nächsten Tag nichts aufgegeben werden dürfe.
Dass sich vor allem Abiturienten gestresster fühlen, weil viel mehr Klausuren geschrieben werden als früher, dazu sagt Gerhard Koch, Leiter des Schiller-Gymnasiums: „Die Anzahl der Klausuren ist nicht gestiegen. Aber ich habe den Eindruck, dass den jungen Menschen die Leistungsorientierung bewusster wird.“ Für Ausbildungsberufe und an den Unis spielten Noten eine größere Rolle als früher, einfach weil die Anzahl der Plätze begrenzt sei und nach Noten gesiebt werde.
Dr. Norbert Kiesow, stellvertretender Leiter des Albert-Martmöller-Gymnasiums, sieht im umfangreicheren Wochenstundenplan, der nicht mehr ohne Nachmittagsunterricht auskommt, die größte Änderung im G8-System. Diese Anforderungen geht seine Schule mit „entlastenden Maßnahmen“ an. Das Doppelstunden-Prinzip „nimmt Hektik aus dem Schulalltag“: Statt sechs bis acht hätten die Schüler nur drei bis vier Fächer pro Tag. Kiesow: „Die Schultasche wird leichter. Es gibt weniger Raum- und Lehrerwechsel.“ Ein anderes Konzept sieht vor, z.B. in nicht-schriftlichen Fächern auf Hausaufgaben zu verzichten. Klagen über zu viel Schularbeiten gebe es demnach nicht. Im Gegenteil: Die Eltern einer Klasse hätten sich mehr Aufgaben für ihre Kinder gewünscht.