Bei rund einem Drittel der deutschen Familienunternehmen ist die Nachfolge an der Firmenspitze noch nicht geklärt, heißt es in einer neuen Studie der Deutschen Bank. Das klingt dramatisch. Ist es auch, sagt Dr. Tom Rüsen (34), Leiter des Instituts für Familienunternehmen an der Uni Witten/Herdecke.
Zwei Faktoren spielten hier eine wichtige Rolle: Zum einen sei es in Unternehmerfamilien für die Jüngeren noch immer ein Tabu, die Nachfolge von sich aus anzusprechen. Und zum anderen beschäftige sich der Senior mit dieser Frage nur ungern, weil er sich dann mit seinem eigenen Altern, mit dem Ausscheiden und auch mit Machtverlust auseinandersetzen muss, erklärt Rüsen. „Da herrscht eine ziemliche Verklemmtheit in vielen Unternehmerfamilien.”
Ein anderes Problem sei, dass für die Kinder von Unternehmern der Einstieg in die Firma heutzutage nicht mehr so selbstverständlich ist wie früher einmal. Die Kinder seien in der Regel gut ausgebildet und wollten vielleicht ganz andere Berufe ergreifen. „Sie empfinden die Nachfolge nicht mehr als das absolut erstrebenswerte Ziel. Außerdem haben sie miterlebt, mit welchen Entbehrungen das Unternehmerleben verbunden ist.”
Dass immer mehr Familienunternehmen Finanzinvestoren für ihre Firma in Betracht zögen, habe auch ihn ein Stück weit überrascht, sagt Rüsen. Hier müsse man aber differenzieren. Bei großen Unternehmen mit mehreren 100 Millionen Umsatz sei ein Einstieg von Investoren nicht so ungewöhnlich. Bei kleineren Unternehmen gebe es dagegen eher Vorbehalte. Aber auch hier gebe es Veränderungen: Fehle ein Nachfolger innerhalb der Familie, sei ein Investor, der das Unternehmen im Sinne der Familie fortführt, durchaus eine Alternative. Es sei nicht klar, von welchen Investoren in der Studie der Deutschen Bank die Rede ist, betont Rüsen. „Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass hier Heuschrecken gemeint sind.”