Witten. .
„Wenn ich die 15 000 Euro, die Peer Steinbrück für seinen Vortrag beim Sparkassenforum erhielt, ins Verhältnis dazu setze, wie viel wir damit im sozialen Bereich in Witten tun könnten, finde ich das schon problematisch“, meint Heinz-Jürgen Dietrich, der seit rund 35 Jahren in der SPD und Vorsitzender des Sozialausschusses ist.
Auch andere Parteimitglieder und Bürger stimmen die Vortragshonorare des designierten SPD-Kanzlerkandidaten, die sich in den letzten drei Jahren auf insgesamt rund 1,2 Millionen Euro summierten, nachdenklich. „Es gibt sicher nicht viele Leute, die so ein Sachwissen wie Steinbrück haben“, meint Beate Gronau (61), die dessen hohe Honorare „grundsätzlich in Ordnung findet“. Die Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Innenstadt, die seit 30 Jahren Parteimitglied ist, meint aber auch: „Man müsste sich fragen, ob es nicht auch günstigere Referenten für solche Veranstaltungen gibt.“
„Hochkaräter hat seinen Preis“
„Steinbrücks Honorar ist zu hoch im Vergleich dazu, mit wie wenig Geld viele Leute heute auskommen müssen“, findet Kurt Grahl. „Die Zinsen sind niedrig, die Gebühren sind hoch. An diesen Schrauben sollten Banken lieber zum Wohl ihrer Kunden drehen, statt hohe Vortragshonorare zu bezahlen“, meint der 86-Jährige. Er sagt aber auch: „Die Sparkasse tut viel für die Allgemeinheit, das sollte man nicht vergessen.“
„Es gibt fast keine Institution im sozialen oder kulturellen Bereich, die wir nicht unterstützen“, unterstreicht Wittens Sparkassen-Sprecher Klaus-Peter Nehm. Zu den rund 300 Institutionen, die regelmäßig von dem Wittener Geldinstitut bedacht würden, zählten alle Kitas und Kindergärten, alle Schulen und fast alle Sportvereine in der Stadt. Für Spenden und Sponsoring habe die Sparkasse in den letzten fünf Jahren rund 800 000 Euro pro Jahr aufgewendet, so Nehm.
Auch das Honorar für Steinbrück „hat die Sparkasse richtig investiert“, meint SPD-Landtagsabgeordneter Thomas Stotko. „Der Vortrag, bei dem ich selbst Zuhörer war, war wirklich gut und die Resonanz hervorragend, wie die hohe Zahl der Besucher an jenem Abend gezeigt hat“, so der 46-Jährige. „Und dass man solche Hochkaräter nicht für ein paar Euro bekommt, ist doch klar“, argumentiert er. „Wenn Steinbrück diesen Marktwert hat, habe ich im Prinzip auch nichts gegen entsprechende Honorare“, findet Heinz-Jürgen Dietrich (71) trotz anfänglicher Einschränkung.
Und SPD-Urgestein Klaus Lohmann, seit fast 60 Jahren in der Partei, meint: „Warum soll ein Sozialdemokrat nicht ein hohes Honorar erhalten, wenn er sein Geld wert ist? Gleichberechtigung macht nicht an Parteigrenzen halt.“