Witten. Wer schon einmal umgezogen ist, weiß dass das kein Zuckerschlecken ist. Überall stehen Kartons, nichts ist am gewohnten Platz, alles ist ungemütlich. Am neuen Standort in der Saalbaupassage kann schon wieder gestöbert, recherchiert und gelesen werden.
Wer schon einmal umgezogen ist, weiß dass das kein Zuckerschlecken ist. Überall stehen Kartons, nichts ist am gewohnten Platz, alles ist ungemütlich. Und wenn das Stadtarchiv – das Gedächtnis Wittens – umzieht, dann warten statt 80 gute 1000 Kisten auf den Transport, gefüllt mit einzigartigen historischen Unterlagen.
Immerhin, die schlimmsten Chaostage sind vorüber. Dr. Martina Kliner-Fruck, die Leiterin des Stadtarchivs, ist mit ihrem Team aus der Villa Berger an der Ruhrstraße 69 in deutlich nüchternere Räume in der Saalbaupassage gezogen. Beim Eingang sind die Büros, auf der rechten Seite erstreckt sich der neue Nutzersaal: Wo früher auf einem blauen Teppich Kinder ihre ersten Erfahrungen mit Rhythmen und Instrumenten machten, stehen jetzt lange Tische und deckenhohe Schränke auf dem wieder entdeckten Stäbchenparkett. Dank einer eingerissenen Wand und der jetzt sichtbaren Fenster wirkt der Saal groß und freundlich.
Im Moment nur montags von 10 bis 16 Uhr geöffnet
Hier können sich alle, die zum Beispiel für eine Uni-Arbeit recherchieren oder Ahnenforschung betreiben, am PC, am Microfiche-Gerät oder im Original schmökern. Im Moment allerdings nur montags von 10 bis 16 Uhr, denn so ein Umzug dauert einfach lange und „noch ist alles im Fluss“, sagt Martina Kliner-Fruck.
Natürlich sei ihr der Abschied aus der lichtdurchfluteten Villa Berger schwer gefallen, sagt die Historikerin. Aber vor zwei Jahren sei die Entscheidung gefallen, die Bestände des Stadtarchivs an einem Ort zu konzentrieren. Und in dem alten Gebäude an der Ruhrstraße – so schön es ist – wären die dafür nötigen Umbauarbeiten aus Denkmalschutzgründen nicht möglich gewesen. Und so beherbergt der Saalbau jetzt nicht nur Kultur, sondern auch Geschichte.
Und die kann immer umfassender dokumentiert werden, denn bei einem Umzug fällt einem auch längst Vergessenes in die Hände – auch aus den dunklen Zeiten der Stadt. Jetzt gerade eine tischgroßer Karte mit Plänen für die Entwässerung des KZ-Außenlagers Annen aus dem Jahre 1944 – ein Original, dessen Existenz nicht bekannt war.
Gigantische Menge an Urkunden, Unterlagen und Plänen
Wie viele Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden, Fotos, Filme, Postkarten, Ratsunterlagen, Bebauungspläne und Bücher im Stadtarchiv bewahrt werden, macht erst ein Blick in den Bauch des Saalbaus klar. Denn hier schlummern in riesigen rollbaren Schränken viele tausend Dokumente. Drumherum liegen Kisten und Plastikfolien schützen PCs und Kopierer vor Staub. Ein bisschen Umzugschaos gibt’s also doch noch.