Witten. .

Graugänse und kanadische Wildgänse haben es schwer im Muttental. Anwohner sind geschockt über einen, wie sie es nennen, „Massenmord“ an den Tieren. Tatsächlich schießen Jäger die Vögel ab - aber nur, um den Bestand zu verkleinern, wie sie versichern. Tierfreunde sprechen von „Schießwut“ und „Mordlust“.

Es ist immer samstags zwischen sieben und zwölf Uhr, wenn die Schüsse durch das Muttental schallen. „Hier werden reihenweise Gänse vom Himmel geholt“, sagt eine Anwohnerin. „Ich habe bei der letzten Jagd bei 97 Schüssen aufgehört zu zählen.“

Seit drei Jahren werden die Wildgänse geschossen

Das gehe nun schon seit drei Jahren so in der Jagdzeit zwischen Juli und Januar, sagt die ältere Dame. „Vorher war hier Ruhe.“ Sie weiß zwar, dass die Jagd auf die Wildvögel legal ist. Der Anwohnerin geht es um das „Wie“. Die Gänse würden aus reiner Freude am Töten abgeschossen. „Mit den Kadavern werden Füchse angelockt und diese werden dann auch erschossen.“

Anne Lukas (64) kämpft sich den Weg hinauf in den Wald nahe Schloss Steinhausen. Die Vorsitzende der „Tierfreunde Witten“ will sich ein Bild davon machen, was mit den Gänsen passiert. Was sie zu sehen bekommt, treibt ihr die Tränen in die Augen: Die toten Wildtiere sind in einem Heuhaufen vergraben. „Sie werden regelrecht abgeknallt und liegen gelassen. Man kann doch nicht einfach haufenweise Gänse dort hinkippen“, sagt sie empört

Jäger und Waldbesitzer Friedrich Oberste-Frielinghaus wehrt sich. Zwar bestätigt er den Abschuss von 20 bis 30 Tieren an den Wochenenden. Doch dies diene nur dazu, die Felder zu schützen und die Tierbestände zu reduzieren. „Seit Jahren überwintern hier Massen von ihnen. Sie gehen an die frisch gesäten Weizen- und Rapsfelder.“

Teils würden 150 bis 200 Vögel auf einem Feld sitzen, sagt der 66-Jährige. Viele ziehen vom Kemnader See ins Muttental. Die Untere Jagdbehörde bestätigt, dass die Zahl drastisch zugenommen habe und das Schießen wie gesagt gestattet sei. Den Vorwurf, die toten Gänse zu vergraben und damit Füchse anzulocken, um sie auch zu töten, weist Oberste-Frielinghaus aber zurück. Sie kämen auf den Teller.

Schwester des Waldbesitzers: "Wilde Schießerei"

Die Gänse würden sehr wohl als Lockmittel bei der Fuchsjagd verwendet, „obwohl sie gar nicht auf die frisch gesäten Felder gehen“, widerspricht ausgerechnet die Schwester des Waldbesitzers, Rosemarie Schwarz, selbst eine ehemalige Jägerin. Es gehe nur um „eine wilde Schießerei“, sagt die 75-Jährige und zeigt auf einen Gänseschwarm am Himmel über dem Muttental. „Die sind nächsten Samstag dran.“

INFO

Stadtförster Klaus Peter steht dem Abschuss von Gänsen offen gegenüber, wenn sie sich stark vermehren, verletzt sind oder Felder befallen. Hier würden besonders Kanadische Wildgänse, Nonnen- und Ringelgänse oft vorkommen.

In Witten gibt es insgesamt 439 Jäger, im EN-Kreis sind es 2278. Nicht alle von ihnen haben einen Jagdschein gelöst, etwa Pächter eines eigenen Bezirkes. Die Jagd auf Federwild erfolgt in der Regel mit einer Schrotflinte.