Witten. . Christa van Leeuwen begleitet seit 40 Jahren Schwangere. MIt den Hausgeburten hörte sie vor drei Jahren auf – und musste sich erstmal daran gewöhnen, wieder durchschlafen zu können
38 lange Jahre lang hat Christa van Leeuwen Babys auf die Welt geholfen. Morgens, mittags, nachmittags, abends, nachts – Säuglinge richten sich nicht Dienstplänen. Als sie sich dann vor drei Jahren entschied, keine Hausgeburten mehr zu begleiten, musste sie erstmal wieder lernen, durchzuschlafen. „Das hat fast zwei Jahre gedauert“, sagt die 61-Jährige. „Aber jetzt bin ich sehr dankbar, ins Bett zu gehen und zu wissen, dass ich dort auch bis morgens bleiben kann.“
Arbeit in der äthiopischen Wüste
Man muss sich mit Christa van Leeuwen nur fünf Minuten unterhalten und weiß sofort, dass ihr Beruf eine Berufung ist. 1971 hat sie in Oldenburg ihr Examen gemacht und arbeitete in Kliniken in Essen und Münster. Bis dahin ein gerader Weg. Doch dann suchte sie eine neue Herausforderung – und wechselte nicht die Stadt, sondern gleich den ganzen Kontinent.
Sie zog zu den Afar-Nomaden in der äthiopischen Danakilwüste und betreute die Frauen dort während der Schwangerschaft und unter der Geburt. Dass die Frauen brutal beschnitten waren, das war ein Schock für sie, erinnert sich Christa van Leeuwen. „Von weiblicher Genitalverstümmelung wusste man damals noch nichts.“ Ein Grund mehr, den Frauen beizustehen. Auch eine Dürrekatastrophe konnte die Hebamme nicht von ihrer Aufgabe abbringen. Auch wenn die Zeit damals hart war, „diese Erfahrung für mich als Mensch ganz wichtig“.
Als sie wieder zurück in Deutschland war, gründete sie mit einer Kollegin die erste Hebammenpraxis in Witten. 23 Jahre lang begleitete sie werdende Eltern bei Hausgeburten. Auf die Uhr könne man dabei nicht schauen und man müsse auch viel Stress mittragen. „Aber wenn dann das Kindchen da ist, vergisst man jede Müdigkeit, das rührt das Herz und die Seele.“ Und dabei hat sie diese besondere Wärme in der Stimme, die nur Menschen zu eigen ist, die ihre Arbeit lieben.
Als sie mit den Hausgeburten aufhörte, blieb sie natürlich Hebamme. Sie betreut Schwangere in einer Annener Frauenarztpraxis und kümmert sich auch um die Nachsorge. Dazu kommt noch ihre Arbeit als Paar- und Familientherapeutin. Und zusammen mit dem Jugendamt hat sie dem Vorsorge-Projekt „Frühe Hilfen“ auf die Welt geholfen. Dafür besuchte sie junge Eltern und fragte, ob sie von den Angeboten in Witten wüssten und in welchen Bereichen sie mehr Hilfe bräuchten.
Mittlerweile besuchen Familienhebammen alle Eltern in der Ruhrstadt, wenn sie dies wollen, und versorgen sie mit Adressen und Ansprechpartnern rund ums Kind. Ein wichtiges Projekt, findet Christa van Leeuwen, aus dem sie sich aber herausgezogen hat. Es gibt auch so genug zu tun. Bis ihr Mann in Rente geht, will sie weitermachen.„Er hat so viel mitgetragen und war immer eine große Stütze.“ Jetzt soll seine Rente auch eine ruhige Zeit werden. Und auf Kinder muss sie auch so nicht verzichten: Sie ist zweifache Oma.