Witten. . Lederhosen, Spitzenblusen und das Dirndl liegen im Trend

Wenn der Herbst die Bätter bunt färbt, binden sich Damen eine bunte Schürze ums Kleid und pressen sich Herren in speckige Lederhosen. Es bayert ganz kräftig in Witten. Denn wenn das Oktoberfest ruft, darf das Dirndl nicht länger fehlen.

In pinkweiß-kariert hängen die Trachtenblusen beim kik-Discounter. Knapp 40 Euro kostet des lilafarbene Polyester-Dirndl. Auch die Lederhosen sind aus Synthetik, aber drin wird ja auch kein echter Bajuware stecken. Süddeutsches Kulturgut ist das nicht.

Echten Bayern-Import findet man in den Second-Hand-Läden von VHS und Quabed namens „Tragbar“. Vier Kleiderständer mit Trachtenmode hat Leiterin Anne Kühnen gesammelt: „Wir hatten einen Aushang im Schaufenster.“ Und offensichtlich hatten die Wittener einiges im Schrank: Lodenmäntel, Hirschlederhosen, Wolljanker, ganze Wildlederkombinationen, Filzhüte. „Das verkauft sich richtig gut“, sagt Kühnen.

„Vor 23 Jahren bin ich nach Witten gezogen. Damals habe ich zur Karnevalsfeier im Klimbim mein Dirndl angezogen. Die Leute haben mich so komisch angeschaut, da hab’ ich’s anschließend in die Altkleidersammlung gegeben“, erzählt die geborene Münchnerin Marion Schmitt. „Heute ärgere ich mich.“

Dafür hat sie für den Fototermin ihre Verkäuferinnen landestypisch eingepackt. „Es ist das erste Mal, dass ich ein Dirndl trage“, gesteht Sandra Drewnianka in klassischer Leinentracht. Und wie ist das? „Eigentlich ganz okay.“ Heike Leimann (44) fühlt sich in Leinenhemd und Hirschlederweste wohl. „Das passt besser zu mir als ein Kleid.“ Auch Christian Ashauer trägt heute Filzhut. „Ich finde es lustig, eine solche Tradition mitzunehmen“, gesteht der 28-Jährige.

Jessica Lim (27) hat heute ihren ersten Arbeitstag als Praktikantin im „Tragbar“. Und: Sie ist die einzige in dem Geschäft, die tatsächlich ein Dirndl besitzt. „Weil ich zur Hochzeit meiner Cousine nach Bayern fahre“, erklärt sie. Den Trachten-Trend findet sie gut.

Das hört Marion Schmitt gern. Jedes Jahr ihrer Kindheit war sie auf dem Oktoberfest, erst in Lederhosen, später im Dirndl. „Meine Mutter hatte sogar Wehen auf dem Oktoberfest!“ Inzwischen fährt sie nicht mehr auf die Wiesn. „Ich bin irgendwie eingepreußt.“

Den Spagat zwischen hipper Mode und traditioneller Tracht findet man in dem Modegeschäft „Kult“ in der Stadtgalerie. Jeansröcke mit Applikationen, bestickte Hot-Pants und ja, auch ein quietschebuntes Dirndl zum Schnüren. Seit drei Monaten hat Filialleiter Andre Schulter die Marke „Blutsgeschwister“ im Programm. „Im Vergleich zu dem, was ich erwartet habe, verkauft sich die Kollektion ganz gut“, sagt er. „Es ist halt mal was anderes.“