Witten. .

Als Dagmar Lips aus Heven die „Letzte Mahnung“ aus dem Mahnungsbüro Ries bekam, fiel sie aus allen Wolken. 159,50 Euro sollte sie für die Teilnahme an Gewinnspielen zahlen. Doch sie durchschaute die Abzocke, die momentan offenbar bundesweit läuft.

Denn bei Dagmar Lips war das Mahnungsbüro an die Falsche geraten. „Ich habe 20 Jahre lang bei einem Anwalt gearbeitet und weiß, wie ein ordentlicher Mahnvorgang aussieht“, so die 69-Jährige. „Außerdem gebe ich meinen Lottoschein immer an der Bude ab, und an anderen Gewinnspielen nehme ich niemals teil.“

Genau das aber behauptet der Absender aus dem niedersächsischen Seelze. Der muss am 5. September containerweise Briefe zur Post gebracht worden, denn zu dem Suchbegriff „Mahnungsbüro Ries“ verzeichnet die Internet-Suchmaschine Google 9,7 Millionen Einträge - von Niedersachsen über Thüringen bis Stuttgart. Und zumeist geht es darin um Briefe vom 5. September und einen Betrag von 159,50 Euro.

„Sie haben sich telefonisch am 24.08.2010 zur Teilnahme an dem Service der ,Euro Gewinner Zentrale’ gegen einen Kostenbeitrag von 49,00 € monatlich bereit erklärt“, unterstellt der Absender, der darauf setzt, dass sich niemand mehr so recht erinnern kann, was er oder sie am 24. August 2010 gemacht hat.

Dann kommt ein Haufen Paragrafen und die Drohung, wenn der Betrag nicht überwiesen werde, dann würde man eine Wirtschaftsauskunftei wie etwa die Schufa benachrichtigen. Die Forderung sei „rechtssicher“, und „somit sind Sie verpflichtet, diesen Betrag fristgerecht an uns zu zahlen“.

Toten in die Tasche greifen

„Unsinn“, sagt Dagmar Lips dazu. „Kein ordentliches Mahnverfahren beginnt mit einer ,Letzten Mahnung’. Ich habe gar nicht auf das Schreiben reagiert.“ Dennoch sei zunächst der Schreck groß gewesen, als der Mahnbrief ankam. „Ich habe mich zuerst erschrocken und mich gefragt, ob ich irgendwann mal was unterschrieben haben könnte. Aber das war nicht der Fall. Und telefonisch habe ich sowieso nichts in Auftrag gegeben.“

Dagmar Lips hat sich an unsere Redaktion gewandt, um andere Opfer dieses dubiosen Mahnbüros zu warnen. Denn dort wird besonders perfide gearbeitet. So bekamen auch Angehörige eines Toten diesen Mahnbrief nebst Zahlungsaufforderung - doch der angebliche Glücksspieler aus dem Jahr 2010 war bereits 2008 verstorben.

Verbraucherschützer schätzen, dass zehn bis 15 Prozent der Empfänger beispielsweise aus Angst, der Schufa gemeldet zu werden, den Betrag zahlen. Oft würden auch Witwen diese Rechnungen begleichen, um das Andenken ihres verstorbenen Gatten rein zu halten. Dass diese Frauen nun zeitlebens glauben, ihr Gatte hätte damals hinter ihrem Rücken „gezockt“ - das ist den Abzockern egal.

Verbraucherzentrale warnt

Die Verbraucherzentrale Dortmund warnt vor dem Mahnungsbüro Ries: „Bloß nichts bezahlen!“ „Die Verbraucherzentralen kennen solche dubiosen Mahnungen zur Genüge - und oft scheinen sie eine Quelle zu haben“, heißt es beiden Dortmunder Verbraucherschützern. „So ist die im Schreiben aus dem Büro Ries angegebene Telefonnummer auch die der Anwalts-Inkasso-Zentrale in Osnabrück. Deren Rechtsanwalt probierte bereits Anfang August, vermeintliche Forderungen aus der Vermittlung von Gewinnspielen einzutreiben.“

Die Verbraucherzentrale rät, sich von derartigen Mahnungen nicht einschüchtern zu lassen. Zahlen muss nur derjenige, der am Telefon einen rechtsgültigen Vertrag geschlossen hat. „Ist kein Vertrag zustande gekommen oder wurde er durch Täuschung untergeschoben, sollten Betroffene der Forderung schriftlich widersprechen. Dazu kann unser Musterbrief genutzt werden.“

Und wer zweifelt, ob er einer Teilnahme am Service der „Euro Gewinner Zentrale“ zugestimmt hat, sollte sich Nachweise vorlegen lassen, wie der behauptete Vertragsabschluss zustande gekommen ist.