Witten. .

Wittens Muslime mahnen angesichts des anti-islamischen Schmähvideos und der Demonstration am Samstag, 22. September, in Dortmund zu Besonnenheit.

Zwar verletzte der Spott über den Propheten Mohammed ihre religiösen Gefühle zutiefst. Doch die Gewalt, die seit Tagen in arabischen Ländern wütet, lehnen sie ab: „Das wird es hier nicht geben.“

Das sagt uns Tolga Polat (18), der beim Freitagsgebet an der Sultan-Ahmet-Moschee an der Kesselstraße Getränke und duftende Lahmacun-Pizzafladen verkauft. Er hat das Video auf Youtube gesehen: „Für mich war es nur lächerlich. Und die meisten von uns wissen auch, dass es billig gemachter Schwachsinn ist.“

Manche provoziert es

Dass ein derart primitiv gemachtes Filmchen eine Welle der Gewalt ausgelöst hat findet der 18-Jährige schlecht: „Das fällt doch gleich wieder auf alle Muslime zurück.“ Dass es so etwas in Witten aber nicht geben wird, darin ist er sich mit seinem Freund Talha Dülger einig.

Der 17-Jährige hat das Video nicht gesehen, „aber bei Facebook regen sich schon alle darüber auf. Manche fühlen sich davon auch provoziert. Unsere Muslime hier sind friedlich und wollen davon nichts wissen. Hier gibt es keinen, der zu Gewalt aufruft.“

Güner Palta (48) ist 2. Vorsitzender der Islamischen Gemeinde Witten, die umgangssprachlich als Widey-Gemeinde bekannt ist. Er hat das Video nicht angeschaut, „für so etwas verschwende ich keine Zeit. Ich finde es bedauerlich, dass das jetzt so hochgespielt wird.“

Denn nach Recherchen der Redaktion steht der 13 Minuten 51 Sekunden lange Videoclip mindestens seit dem 2. Juli auf Youtube; das ist die älteste dort aufgefundene Fassung, die bislang über 4,5 Millionen Mal angesehen wurde und 57 090 negative Bewertungen erhielt - minütlich werden es mehr.

Schlagader getroffen

„Unsere Gemeindemitglieder sind aufgebracht, aber für die Gewalt hat keine Verständnis“, sagt Güner Palta. „Es trifft einen sehr intensiv, wenn unser Glaube klein und lächerlich gemacht wird. Religion ist eine empfindliche Sache, und da hat man eine Schlagader getroffen.“

Er hoffe nicht, dass es in Deutschland zu Ausschreitungen komme. „Wir sind nicht glücklich darüber. Ich bin selbst längst Deutscher und lebe seit 45 Jahren hier. Und ich würde mich genau so aufregen, wenn es um einen Film gegen Christen ginge.“

Ertugul Karatoprak kennt das Machwerk wie die meisten nur vom Hörensagen: „Das regt mich schon auf, weil ich denke, das ist eine gezielte Provokation.“ Mehmet Öztürk (37) von der im Integrationsrat vertretenen Liste Türk Birligi findet die Billigproduktion „einfach lächerlich. Ich habe mich über die Primitivität amüsiert, manchmal muss man einfach darüber schmunzeln. Erschüttert hat mich das Video nicht, denn filmisch hat es überhaupt keinen Wert. Es ist eine reine provokation, und das hat der Produzent erreicht.“

Öztürk ist sich sicher, dass viele der Gewalttäter im Nahen Osten den Film gar nicht gesehen haben. „Es sind Leute, die leicht aufzuwiegeln sind - und die nichts zu verlieren haben.“