Witten. .
Mit dem Ruhrtalradweg und dem Rheinischen Esel hat Witten zwei Vorzeige-Radwege. Doch wie ist es um die Alltagstauglichkeit des Radwegenetzes bestellt? Ein Selbstversuch in der Innenstadt.
Induktionsschleifen
Ich komme aus der Oststraße und warte mir an der Ruhrstraße einen Wolf, bis es Grün wird. Mein Verdacht: Die Induktionsschleife im Asphalt schlägt nur an, wenn ein Auto drauf steht. Experten versichern: Es kommt nicht aufs Gewicht an, sondern auf den elektrischen Widerstand. Dann habe ich also zu wenig Metall am Rad und in den Zähnen? Oder die Schleife ist einfach falsch eingestellt. Liebe Autofahrer, fahrt bitte immer schön bis an den Haltebalken ran, dann kommen wir beide früher rüber!
Radweg – oder nicht
Es geht linksab in die Gerichtsstraße. Dort wurde noch in den 80ern ein neuer Radweg „gegen die Einbahnrichtung“ angelegt. Man erkennt ihn noch am Pflaster, an den Rampen – blaue Schilder gibt’s nicht. Bin ich hier überhaupt richtig? Das Problem gibt’s in Witten in mehreren Straßen (siehe Text rechts). Der Radweg ist aufgehoben – in der Gerichtsstraße hängt aber kein kleines Zusatzschild „Radfahrer frei“. Ich bin also falsch.
Husemannstraße
Auf dem alten City-Ring erwarten mich an der Bergerstraße paradiesische Zustände: Auf dem Extrastreifen fahre ich an den wartenden Autos vorbei bis zur Ampel, gegenüber geht’s am Märkischen mit einem Radstreifen weiter. Ginge es, denn da stehen drei Autos drauf, deren Fahrer was zu klären haben. Dahinter lässt mir die Husemannstraße bergan die Wahl: Die glatte, aber schmale Fahrbahn wählen und bis zur Ardeystraße von ungeduldigen Autofahrern „geschoben“ zu werden. Oder den buckligen Bürgersteig, das ist hier erlaubt. Ich wähle das Klügere, den Plattenweg, und komme verschwitzt oben an – doch die falsche Jacke angezogen.
Ardeystraße
Die - weitgehend radwegfreie - Ardeystraße hat etwas, was wir Pedalritter lieben: Sie ist eben, jedenfalls zwischen AOK-Haus und Marien-Hospital. Und breit genug, um gebührenden Abstand zu parkenden Autos zu halten. Aufklappende Autotüren sind der Albtraum jedes Radfahrers. Auf meiner einstündigen Tour sehe ich das zweimal kommen, weiche noch aus. Meist steckt schiere Gedankenlosigkeit dahinter. Liebe Autofahrer: Achtet beim Ein- und Aussteigen auf uns! Dann passen wir auch weiter auf euch auf, wenn ihr als Fußgänger blindlings auf die Straße lauft, wenn wir von hinten angerauscht kommen.
Sprockhöveler Straße
Am Marien-Hospital gleite ich auf dem Radweg an der Autoschlange vorbei. Gleich dahinter stellt sich auf der Crengeldanzstraße Höhe Sandstraße wieder die Frage: auf der Fahrbahn bleiben oder den aufgehobenen Radweg auf dem Bürgersteig nehmen. Meine Runde gleicht einer Expedition in die Geschichte des Wittener Radwegebaus. Himmel und Hölle liegen dicht beieinander. Hölle: Beim Linksabbiegen am Crengeldanz werden mir fast die Schienen zum Verhängnis.
In der Sprockhöveler Straße heißt es dann nicht ohne Grund: Tempo 10 km/h. Die Straße ist kaputt und am kaputtesten ist die rechte Spur, in der die Radler fahren. Der Radler-Himmel öffnet sich ab Fischertalweg: Bis zum Ruhrdeichkreisel gibt’s einen eigenen Fahrradstreifen. Höllisch ist wieder das Kopfsteinpflaster an der Unterführung Herbeder Straße/Bahnhofstraße. Warum darf man stadteinwärts auf den Bürgersteig ausweichen, stadtauswärts aber nicht?
Fazit
Bei den Radwegen hat sich in den vergangenen 20 Jahren in Witten eine ganze Menge getan. Es passt aber noch lange nicht alles zusammen. Wenn alle aufeinander Rücksicht nehmen und Radler sich nicht als Kampfradlern gebärden, kommt man ganz gut voran.