Witten. .

Mit Scheinrechnungen, die sie schrieben und verwendeten, sollen vier Ingenieure den Fiskus um mehr als zwei Millionen Euro erleichtert haben.

Seit Montag (10.9.) drückt das Quartett die Anklagebank vor dem Landgericht Bochum. Einer von ihnen, ein 67-jähriger Mann, wohnte früher in Witten und gab seine Steuererklärungen beim Finanzamt Witten ab.

Alle vier sind geständig, teilweise sind Steuernachzahlungen schon erfolgt. Aufgeflogen waren die getürkten Rechnungen bei einer Betriebsprüfung der Steuerfahndung. Mit erschwindelten Steuerrückerstattungen entlohnten die Chefs Angestellte ihrer Firmen „schwarz“ für geleistete Überstunden. Im August 2008 waren die vier Männer festgenommen worden und verbrachten einige Wochen in Untersuchungshaft.

Allein die Verlesung der dicken Anklageschrift dauerte mehr als eine Stunde. Zwischen Mai 2002 und August 2008 hätten die Beschuldigten, so der Staatsanwalt, in wechselnder Beteiligung Scheinrechnungen erstellt und verwendet, um die Steuerlast zu mindern. Der errechnete Schaden beläuft sich auf über zwei Millionen Euro. Die Angeklagten kassierten vom Finanzamt Umsatzsteuer - ohne dass es diese Umsätze wirklich gab.

Da das Quartett schon am ersten Prozesstag Geständnisse ablegte, rechnet das Gericht mit einem vergleichsweise kurzen Verfahren. „Alle haben Interesse an einer schlanken Verhandlung“, erklärte der Vorsitzende Richter Carsten Schwadrat. Das Gericht hat vier weitere Termine geplant.

Die Ingenieure, die sich im Lauf der Jahre mit Elektrofirmen selbstständig gemacht hatten, stehen heute finanziell ganz unterschiedlich da. Der 68-Jährige aus Hemer, dem auch noch Immobilienbetrügereien vorgeworfen werden, bezieht nach eigenen Angaben nur eine kleine Rente von 350 Euro. Der Zweite im Bunde, ein 67-Jähriger ehemaliger Wittener, der heute in Schwerte lebt, bekommt 2400 Euro Rente und Witwenrente, seine Partnerin lebe von Hartz IV.

Der Dritte, ein 46-Jähriger aus Datteln, muss Unterhalt an seine geschiedene Ehefrau zahlen und lebt von monatlich 4000 bis 5000 Euro. Er müsse noch Immobilienschulden in geschätzter Höhe von 1,6 Millionen Euro abzahlen.

Der vierte Angeklagte, ein 62-jähriger Dortmunder, musste nach eigenem Bekunden 2008 seine Firma für 3,4 Millionen Euro verkaufen. Nach Verrechnung mit dem Finanzamt seien 1,8 Millionen Euro übrig geblieben. „Ich lebe vom Ersparten“, gab er an. Sein Vermögen bezifferte er auf rund 900 000 Euro.

Das Gericht kündigte an, im Fall des 68-jährigen Ingenieurs aus Hemer eine Vorstrafe miteinzubeziehen. „Ihr Geständnis werten wir stark strafmildernd. Aber eine Bewährungsstrafe wird wohl nicht möglich sein“, kündigte der Richter an. Das Strafverfahren wird am 17. September fortgesetzt. Unter anderem soll ein Steuerfahnder als Zeuge aussagen. Mit dem Urteil wird am 1. Oktober gerechnet.