Witten. . Erst Schlecker, jetzt Kik. Die Nahversorgung in Rüdinghausen ist extrem ausgedünnt. Anderen Stadtteilen geht es nicht unbedingt besser

Die Regalbretter sind längst abgenommen. An den Wänden des Bekleidungsdiscounters Kik an der Kreisstraße hängen nur noch einzelne Metallstreben. Wenige Menschen verirren sich in die Filiale. Einfach mal vorbeischauen – so etwas gibt es hier nicht oder eher selten. Am 27. September ist ganz Feierabend.

Dann schließt Kik, und es ist nicht der erste Laden, der geht. Auch Schlecker gegenüber ist dicht. Die Nahversorgung in Rüdinghausen – sie bricht immer weiter zusammen.

Keine betriebsbedingten Kündigungen

Immerhin: Die fünf Kik-Mitarbeiterinnen werden auf andere Filialen verteilt, etwa Annen oder Mitte. Der Discounter in Annen ist nur zwei Kilometer entfernt. Warum Kik in Rüdinghausen die Segel streicht? Die Erwartungen an den Standort hätten sich nicht erfüllt, heißt es. Verwunderlich ist das nicht. Zwar leben in Rüdinghausen rund 6600 Menschen. Doch besser aufgestellte Einkaufsstraßen locken sie in die Ferne. Nach Annen, ins Zentrum oder auch in andere Städte. Dortmund ist nicht weit.

Was bleibt übrig? Nicht viel. Eine Apotheke, eine Kneipe, eine Polsterei, ein Bäcker, ein Kiosk, eine Post, eine Fahrschule und etwas weiter eine Pizzeria. Rewe und die Tankstelle liegen in der Nachbarstraße. Etwas weitergibt’s eine Bank, einen Blumenladen, zwei Kioske, einen Imbiss.

„Leben gab es hier, als noch der Coop in der Straße war. Danach gab es dann einen Edeka. Zu den Zeiten hat man auch noch Leute auf der Straße getroffen. Heute gibt es doch absolut keine Laufkundschaft mehr“, meint Marlies Schnittker. Die Dortmunderin hat nur zufällig mit dem Auto vor Kik angehalten. Eigentlich lohnt sich der Abstecher nach Rüdinghausen für sie schon lange nicht mehr. Doch heute hält ihr Enkel zufrieden ein neues Set Tischtennisschläger in Händen. „Für Ältere ist das so traurig. Hier muss man eben ein Auto haben, um einkaufen zu können“, sagt Marlies Schnittker. „Jetzt muss man bis zum Aldi am Bahnhof Dortmund-Kruckel, da ist dann auch ein Netto.“ Mit dieser Tatsache haben sich die Rüdinghauser schon lange abgefunden.

Einkaufen in Hombruch

„Wer hier im Dorf wohnt, fährt eben nach Dortmund-Hombruch oder direkt rein nach Witten“, erklärt Wirt Michael Löbel. Er erlebt die Stadtteilentwicklung seit zehn Jahren hautnah. Denn am Tresen seiner „Dorfschänke“ gehört die Debatte um die Geschäftsschließungen jeden Abend dazu. Persönlich fühlt sich Löbel nicht betroffen: „Das Sterben macht nichts. Zumindest macht es für meine Kneipe keinen Unterschied.“

Die Menschen würden weiterhin im Stadtteil wohnen, auch wenn die Infrastruktur schlechter werde, sagt der Gastronom. Also gehen sie auch noch ihr Pils trinken. Sorgen macht sich der 53-Jährige eher wegen der geplanten Verschärfung des Nichtraucherschutzgesetzes. Kommt das Generalverbot, habe das immense Auswirkungen. Michael Löbel rechnet damit, dass die Kneipe dann nur noch wenige Monate, bis Jahresende, überlebt. Dann wäre Rüdinghausen wieder ein Stück ärmer.