Witten.

In türkisen Liegestühlen und auf flauschigen Decken tummeln sich die Gäste. An manchen Abenden verwandelt sich der Rasen neben dem Schleusenwärterhaus in eine Liegewiese unter freiem Himmel.

Die meisten Besucher hier wissen gar nicht, was sie eigentlich tun - nämlich „königlich chillen“, also gepflegt entspannen. Das gleichnamige Projekt, von der Wabe ins Leben gerufen, will mit seiner gemütlichen Atmosphäre vor allem Jugendliche anlocken.

„Bisher hat das aber leider noch nicht so gut geklappt“, bedauert Projektleiter Sebastian Trillenberg (33). Aber da nun erstmals seit Projektstart Anfang Juni wirklich schönes Wetter sei, hofft er auf großen jugendlichen Andrang.

Jeden Donnerstag, Freitag und Samstag bauen die Mitarbeiter des Bistros ab 18 Uhr die Lounge im Grünen auf. Alle anderen Gäste nehmen übrigens die neue Rasenaustattung, die bewusst in jugendlich-frischem Türkis gehalten ist, sehr gut an. In den Liegestühlen genießen sie die abendliche Brise. Viele fahren mir dem Rad her, Autos verirren sich hingegen kaum auf das Gelände nahe der Ruhrschleuse. So scheint der Lärm der Stadt weit entfernt.

„Man bekommt richtig Strandfeeling,“, schwärmt Jessica Mohr, die mit ihren 22 Jahren eigentlich genau in die Zielgruppe der „Königlichen Chiller“ fällt. Aber von der Aktion hat sie bisher noch nichts gehört. Die junge Frau aus Vormholz ist zum ersten Mal hier - anders als Mutter Nicole Busch (48): „Ich bin oft und gerne hier, aber mit den Liegestühlen ist es noch viel gemütlicher“, sagt die Wittenerin und kaut genüsslich an ihrem Flammkuchen „original“.

Flammkuchen und Cocktails

Drei verschiedene Sorten bietet das Gasthaus, das von der Beschäftigungsgesellschaft Wabe betrieben wird, an. Speziell für Vegetarier gibt es sogar extra eine fleischlose Variante. Junge und alte Chiller können den Tag außerdem mit einem fruchtigen Cocktail oder einem kühlen Glas Weißwein in der Hand ausklingen lassen. Vergünstigte Preise für Schüler und Studenten gibt es trotz des Projekts bisher aber noch nicht.

Anreize für die jungen Gäste möchten die Mitarbeiter eher mit tollem Ambiente bieten. Damit es beim Entspannen so richtig „königlich“ zugeht, soll künftig ruhige Musik im Hintergrund laufen. „Toll wäre es auch, wenn mal jemand live spielt,“ so Wabe-Mitarbeiter Trillenberg, „vielleicht haben wir ja unter unseren jungen Gästen ein paar Musiker.“ Sofern die nicht gerade in einer Heavy-Metal-Band spielen, seien sie herzlich eingeladen, an der Insel 1 zu performen.

Die Aussicht auf Live-Musik findet Gast und Hobby-Gitarrist Herbert Kramer (71) klasse: „Das würde die Stimmung hier gut abrunden.“ Bier schmeckt dem Bochumer am besten, wenn er es beim Faulenzen in einem Liegestuhl trinkt: „Man fühlt sich hier ein bisschen so, als wäre man im Urlaub.“ Die Idee, mehr Schüler und Studenten zum Schleusenwärterhaus zu lotsen, gefällt dem Rentner gut. „Sonst sind ja fast nur wir Alten hier“, lacht er und knufft seiner Frau Ursula (69) in den Arm.

Dass die Aktion noch bis Ende September läuft, freut das Bochumer Ehepaar. „Na, bis dahin wird sich das schon bei den jungen Leute herumsprechen,“ meint Herbert Krämer, „aber meinen Liegestuhl gebe ich - ob Jungen oder Alten - keinem ab“.