Witten. . Der Streit um die Mieterhöhung für eine ehemalige Stahlarbeiter-Wohnung könnte Auswirkungen für alle Mieter und Vermieter in Witten haben. Der Vermieter Mira, eine Tochter, der Deutschen Annington, forderte von einem Rentner mehr Geld - gemäß des geltenden Mietspiegels 2011.

Das Interesse an der Verhandlung vor dem Amtsgericht in Witten war groß. Kein Platz im Sitzungssaal 102 blieb unbesetzt. Ein Urteil mit möglicherweise weitreichenden Konsequenzen für alle Mieter und Vermieter in der Ruhrstadt hatte das Interesse der Menschen geweckt. Viele Zuhörer befinden sich in einer ähnlichen Situation wie der beklagte Rentner, der in einem der ehemaligen Mietshäuser für Stahlarbeiter in der Raiffeisenstraße in Heven wohnt und sich nun gegen eine Mieterhöhung wehrt.

Rentner wollte nicht mehr zahlen

Seit Fertigstellung der Wohnungen im Jahr 1966 ist er hier ansässig. Die Häuser in der Raiffeisenstraße sind im Laufe der Zeit in die Jahre gekommen. So verfügen die Häuser weder über eine moderne Verglasung, noch über zeitgemäße Fußböden. Beklagt haben sich die Mieter bis dato kaum. Doch mit der Forderung nach mehr Miete platzte einigen der Kragen. Wie dem nun beklagten Rentner. Denn, so seine Argumentation, der für diese Berechnung der höheren Miete zugrunde liegende Mietspiegel gehe von Häusern aus, die einen weitaus höheren Standard besitzen als die ehemaligen Stahlarbeiter-Wohnungen.

Die Wohnhäuser im Stadtteil Heven gehören mittlerweile der Vermietergesellschaft Mira, einer Tochter der Deutschen Annington. Mira hat vor dem Wittener Amtsgericht Klage gegen den Rentner eingereicht. Mit der Tragweite eines möglichen Urteils hatte die Klägerseite im Vorfeld wohl nicht gerechnet. Der vorsitzende Richter Harald Berning erklärte zu Sitzungsbeginn die möglichen Konsequenzen: „Stellt sich heraus, dass der Mietspiegel nicht qualifiziert ist, dann kann man ihn in die Tonne kloppen. Das hätte Auswirkungen auf ganz Witten.“

Die Verteidigung des Beklagten führte an, dass sie große Zweifel an der Qualifiziertheit des Mietspiegels von 2011 habe. Die Mira hatte sich jedoch als Vermieter auf eben diesen berufen, als sie die Miete für die Häuser in der Raiffeisenstraße erhöht hatte. „Man möchte sich als Vermieter doch auf einen vorhandenen Mietspiegel verlassen können“, betonte die Anwältin des Klägers. Um die Rechtmäßigkeit des 2011 erarbeiteten Mietspiegels zu klären, sei ein umfangreiches und teures Gutachten die einzige Lösung, meinte Richter Berning. Und die Beweislast hiefür läge in diesem Fall beim Kläger.

Letztlich handelte es sich im konkreten Fall um einen Streitwert von 263,64 Euro. Die Kaltmiete sollte von 317,51 Euro auf 339,48 Euro pro Monat steigen. Daher bemühte sich Richter Berning um einen Kompromiss. Er zeigte Verständnis für die ablehnende Haltung des Rentners. Doch nach zehn Jahren ohne Anhebung der monatlichen Gebühr fürs Wohnen hielt er eine moderate Anpassung des Betrags für angemessen. „Wie wäre es mit 330 Euro Kaltmiete?“, fragte er die beiden streitenden Parteien. Die Antwort darauf gab es erst nach einer kurzen Verhandlungspause. Beide willigten zum Schluss ein.

Kläger überlegt weitere Schritte

Die Klägerseite behält sich jedoch weitere Schritte vor. Nach Ende der Sommerferien könnte der Fall erneut vors Amtsgericht kommen. Dann könnte ein Urteil gravierende Folgen für alle Mieter und Vermieter in der Stadt haben. Sollte dann ein Gutachten zu dem Schluss kommen, der 2011 beschlossene Mietspiegel sei nicht qualifiziert, müssten etliche Mietverträge neu berechnet werden.