Witten. . Robert Irmler leitet dank guter Leistungen die seine erste Supermarkt-Filiale. Mit ihm können sich drei Azubis bei Netto an der Billerbeckstraße beweisen.

Zwei Paletten stehen schief, die Fleischtheke schreit nach Gehacktem und dann das halb leere Weinregal. Im Netto-Markt an der Billerbeckstraße in Heven ist schwer was los. Aber Marktleiter Robert Irmler hat alles im Griff. „Frau Schulz, lösen Sie bitte die Kollegin an der Kasse ab.“

Robert ist nicht irgendein Chef. Er ist erst 26 und hat vor zwei Wochen seine Ausbildung zum Kaufmann im Einzelhandel abgeschlossen. In der „Azubi-Woche“ des Discounters gibt Robert eine Woche lang den Marktleiter an der Billerbeckstraße. Ein verantwortungsvoller Job. „Ich muss ein Auge auf den Tresor und den Kassenbestand haben. Und die Regale müssen auch immer voll sein.“

Na dann, ran an die Arbeit. Der Vino muss ins Regal und das Sprudelwasser wartet dem Chef schon zu lange auf den Paletten im Lager. „Herr Dangel, übernehmen Sie den Wein?“ Jetzt muss der nette Marktleiter strenger sein.

Christoph Schlewing schaut immer mit einem Auge, wie sich sein Marktleiter so macht. Der 42-Jährige ist verantwortlich für alle sieben Netto-Filialen in Witten. Robert gehört zu seinen Juwelen. „Er ist zielstrebig, zeigt Einsatz und Spaß an der Arbeit hat er auch.“ Das sind viele Vorschusslorbeeren. Jetzt muss sich der 26-Jährige als Chef beweisen. Oder besser: Er darf. „Wir wollen den Auszubildenden in der Azubi-Woche die Möglichkeit geben, zu zeigen, was sie können“, sagt Schlewing. „Das gibt ihnen eine positive Rückmeldung.“ Doch so viel Verantwortung ganz alleine zu tragen, das wäre sogar für ein Organisationstalent wie Robert zu viel.

Tami, Stefanie und Lars sind in dieser Woche seine Stellvertreter. Auch sie haben in der Ausbildung bislang überzeugt und dürfen an der Azubi-Woche teilnehmen. Wenn Chef Robert um 16 Uhr Feierabend hat, muss das Trio dafür sorgen, dass genügend Äpfel in der Obsttheke liegen und die Pappkartons vom Boden verschwinden. „Das ist stressig. Wenn der Chef weg ist, habe ich Verantwortung für den ganzen Laden“, sagt Lars. Das heißt: für 1000 Quadratmeter, sechs Mitarbeiter, 4000 Produkte und all die Kunden.

Lars ist wieder auf dem Sprung, diesmal zur Fleischtheke. Gehacktes und Schnitzel müssen bestellt werden. Chef Robert bekommt gerade einen Anruf auf sein schnurloses Telefon: Eine Mitarbeiterin, die für heute eingeteilt war, ist noch nicht da. „Vielleicht ist ihr nicht Bescheid gesagt worden.“ Der Marktleiter forscht nach.

Azubi Kübra Topcu (20) verkauft am Eingang Ananasstücke. Mit einem Lächeln natürlich. Freundlichkeit wird bei uns groß geschrieben, hat Jung-Chef Robert gelernt. Das hört auch sein Vorgesetzter gern. Vize-Leiterin Tami hat es mit einer harten Nuss zu tun. Eine ausländische Kundin will etwas wissen. „Wie kann ich Ihnen helfen?“ Azubi Cemalettin Yedek (22) eilt herbei. „Ach, einen Besen suchen Sie!“ Wäre das auch geklärt.

Seit 6.30 Uhr ist das junge Team nun schon im Einsatz. „Erst sind die frischen Produkte an der Reihe: Brot, Obst, Fleisch und Mopro“, weiß Azubi Uwe Dangel. Mopro, das sind die Molkereiprodukte. Das lernt Supermarkt-Lehrling schon am ersten Tag. Jetzt sortiert der 22-Jährige Schnaps und Schaumwein ins Regal. Anweisung vom Chef.

Dass Robert selbst noch so jung ist, das macht Azubi Uwe nichts aus. „Am Anfang war’s etwas komisch. Aber er ist ganz locker und macht seine Sache gut.“ Ob er selbst mal einen Supermarkt leiten möchte? „Klar!“ antwortet der 22-Jährige, der noch im zweiten Lehrjahr ist, wie aus der Pistole geschossen. „Ich hab doch keine Lust, immer an der Kasse zu sein. Wenn man hoch will, muss man anpacken.“

Marktleiter Robert klopft Azubi Yedek auf die Schulter, die Wasser-Paletten sind alle zurechtgerückt. Ganz nebenbei treibt der Chef noch ein Namensschild für Kassiererin Aysegül Oruc (18) auf. Er hat alles im Griff. Ab nächste Woche geht seine Karriere richtig los. Dann übernimmt der 26-Jährige fest die Filiale an der Schleiermacherstraße.

INFO

Die Azubi-Woche findet beim Discounter Netto einmal im Jahr statt. Jedesmal ist eine andere Filiale dran. In der Verkaufsregion Hamm, zu der auch Witten zählt, werden wechselnd vier der 250 Supermärkte ausgewählt.

Das Prinzip: Azubis mit guten Leistungen sollen sich beweisen können. Sie kommen aus Filialen unterschiedlicher Städte zusammen und leiten eine Woche die Geschäfte – von der Warenbestellung bis zur Mitarbeitereinteilung.