Witten. .
Es könnte ein großer Geburtstag sein in Haus Witten. Es gibt Bratwürstchen und Gospelmusik, Rudolf-Steiner-Schüler führen Zaubertricks vor. Nur die Geschenke fehlen. Aber heute kommt es ohnehin auf die Gäste an: Es sind Ehrenamtler aus ganz Witten, die sich hier austauschen. „Ohne sie geht nichts“, weiß Uschi Beyling.
Die 63-Jährige leitet die Freiwilligenagentur Fokus und hat zum siebten Mal zum Ehrenamtstag mit dem Markt der Möglichkeiten eingeladen. Sie zählt ihre Liste durch. „23 Einrichtungen aus Witten sind gekommen.“ Der Verein Caritas St. Martin, der Korbflechter aus Ungarn unterstützt. Die Grünen Damen des Ev. Krankenhauses, die Patienten mit Gesprächen zum Lachen bringen. Die Ruhrtal Engel, die mit armen Kindern kochen und essen. Sie und all die anderen zeigen, wie wichtig ihre Arbeit ist.
Julia Robert (33) leitet den Jugendmigrationsdienst der Awo EN und verkündet einen Erfolg. Es geht um einen Zwölfjährigen, der aus Polen kam und nach zwei Wochen schon in die Schule musste. „Mit der Sprache konnte er natürlich nicht mithalten.“ Eine Freiwillige des Jugendmigrationsdienstes habe mit ihm schnell etwas Deutsch gelernt. „Mittlerweile hat er seine erste Drei geschrieben.“ Doch Julia Robert verschweigt auch die Probleme nicht. „Wir haben nur zwei Freiwillige für Witten. Auf Dauer ist das etwas wenig.“
„Ohne Ehrenamtliche ist unser Zusammenleben nicht denkbar“, bestätigt Uschi Beyling. „Das fängt bei der Freiwilligen Feuerwehr an und hört beim Besuchsdienst im Altenheim auf.“ Gerade stupst eine ältere Dame Beyling an. „Wie geht’s dir?“ Man kennt sich, man schätzt sich. Es sind jahrelange Kontakte, die das Netz der Ehrenamtler ausmachen. Noch sind die alten Hasen an diesem Abend in der Mehrzahl. Doch der Freiwilligen-Nachwuchs hat sich nur versteckt.
Julian Höpfner klärt auf dem Parkplatz am Haus Witten über den Sanitätswagen samt Sauerstoffflaschen und Tragen auf. Der 17-Jährige ist seit einem Jahr beim Arbeiter-Samariter-Bund aktiv. Stolz berichtet er von seiner Weiterbildung zum Sanitätsdiensthelfer. „Kürzlich war ich bei einem Kirmesunfall im Einsatz.“ Es gebe viele junge engagierte Wittener, sagt Beyling, während im Hintergrund die Jugendgruppe Bateras Feras der evangelischen Gemeinde Stockum trommelt.
Die 63-Jährige berichtet von einem Projekt an der Rudolf Steiner Schule. „Mittlerweile ist die siebte Klasse jeden Monat einen Tag ehrenamtlich aktiv, etwa im Altenheim.“ Dass aber nicht jeder Jugendliche (und Erwachsene) auf jedes Ehrenamt passt, weiß Birgit Schyboll nur zu gut. Die 59-Jährige leitet den Kinderhospizdienst. „Man braucht ein Herz für Kinder und viel Einfühlungsvermögen.“ Der Kinderhospizdienst begleitet mehr als 30 Familien in einem Leben, das nicht alltäglich ist. Die unheilbaren Krankheiten der Sprösslinge schwingen immer mit. 60 Freiwillige sorgen da für Ablenkung. „Wenn wir sie nicht hätten, wäre das eine Katastrophe.“
Es sind auch junge Helfer wie Miriam Rohmann. Die 20-Jährige absolviert ein Freiwilliges Soziales Jahr im Hospiz. „Ich wollte was mit Kindern machen. In der Kita wäre es mir zu eintönig. Hier habe ich alles: Büroarbeit oder Familienbesuch.“ Eins weiß die junge Wittenerin, die gerne Kinderkrankenschwester werden möchte, schon jetzt: „Wer anderen hilft, bekommt ein Lächeln zurück.“