Witten..


Gut besucht war das Medizinforum unserer Zeitung zum Thema Diabetes.

Kann man etwas tun, um Diabetes vorzubeugen? Und wie kann ich, wenn der Zucker dann doch ausbricht, mit der Krankheit umgehen? Zwei Fragen beim Medizinforum unserer Zeitung, das trotz der hohen Temperaturen fast 100 Besucher ins Medienzentrum am Marien-Hospital lockte. Es ging um „Diabetes - die Epidemie des 21. Jahrhunderts“.

Nur wenige Stühle sind noch frei, als Redaktionsleiter Jürgen Augstein das Mikrofon in die Hand nimmt und das Forum eröffnet. Vor allem ältere Menschen sind gekommen. Schließlich ist ihre Gruppe laut Diabetologe Dr. Arne Meinshausen die am häufigsten betroffene Gruppe von Typ 2. Dass 90 Prozent der Zuckerkranken in Deutschland unter diesem so genannten Alters-Diabetes leiden, der immer öfter auch junge Menschen und sogar Kinder betrifft, sorgt für ein Raunen im Saal. Dr. Niklas Jollet, Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie: „Typ 2 Diabetes ist eine Wohlstandskrankheit. Deswegen bekommen nicht nur ältere Menschen den Zucker, sondern oft auch stark übergewichtige.“

Typ 1 kann jeden treffen. Bei dieser Autoimmunerkrankung produziert die Bauchspeicheldrüse kein oder zu wenig Insulin, jenes Hormon, das die Zellen für den lebensnotwendigen Zucker „aufschließt“. Die Betroffenen spritzen sich das Insulin dann selbst. Was einige Besucher staunen lässt: Der Jugenddiabetes ist meist Typ 1. „Nur weil der Junge von nebenan viel Cola trinkt, heißt das noch lange nicht, dass er deshalb Diabetes bekommt“, erklärte Kinderärztin Dilek Aydin.

Der Fall einer ihrer Patientinnen berührt das Publikum. Weil die 13-jährige Kathrin sich nicht traut, vor so vielen Menschen zu sprechen, übernimmt die Oma das Reden. „Einen Abend, als sie bei mir war, hat sie unglaublich viel getrunken. Das machte mich stutzig“, erzählt die Rentnerin. Sie überredete ihre Enkelin zu einem Blutzuckertest. Die Seniorin selbst ist ebenfalls Diabetikerin. „Ihr Blutzuckerwert lag bei 600 Milligramm pro Deziliter.“ Ein Raunen geht durch den Saal, viele schauen sich erschrocken an. Normalerweise sollte der Blutzuckerwert bei Nicht-Diabetikern bei maximal 160 mg/dl liegen.

Kathrin, die auch im Publikum sitzt, kichert vor sich hin, amüsiert sich über die entsetzten Gesichter der Zuhörer. Jetzt kann sie darüber lachen, weil sie behandelt wird. Jeden Tag muss sie sich selbst Spritzen setzen, eine große Überwindung, wie die Oma weiß.

Der Allgemeinmediziner Dr. Arne Meinshausen hat sich auf den „Wohlstandsdiabetes“ spezialisiert. Seine Devise: Abnehmen. Denn so kann man nach seinen Angaben die Zuckerkrankheit aufhalten und sogar für einige Zeit ausschalten, wenn man noch nicht lange erkrankt ist. Der Herbeder Arzt hat zahlreiche Diättipps auf Lager: wenig Kohlenhydrate (lieber mal nur eine Kartoffel), viel Gemüse, Obst und Fisch. Wenn alle Bemühungen nicht helfen und auch die Tabletten versagen, die die Insulinproduktion anregen, muss sich auch der Typ-2-Diabetiker das Insulin direkt ins Unterfettgewebe, zum Beispiel den Bauch, spritzen.

Wer die Krankheit nicht so ernst nimmt oder gar ignoriert, bei dem kann es zum diabetischen Fuß kommen. Gefäßchirurg Dr. Stephan Langer zeigt Bilder von Operationen, von schwer geschädigten, teils schwarzen Füßen, die nicht richtig durchblutet werden, und Teilamputationen. Diese Aufnahmen sollen in erster Linie abschrecken. Dr. Langer: „Man darf es nicht so weit kommen lassen. Wenn eine Operation unumgänglich ist, versuche ich immer alles, um den Fuß zu retten.“

Diesmal hatten nur relativ wenige Besucher Fragen, viele kannten sich mit dem Thema aus. Den Appetit ließen sich die Zuhörer nicht verderben. Lachsbrötchen und Käseschnittchen schmeckten trotzdem. Und diese sind schließlich auch erlaubt - in Maßen.