Witten. .
„Wo beginnt Antisemitismus“, fragte die Studenten-Gruppe „Theatron Longou“ am Mittwochabend in der Universität Witten/Herdecke. Als Vortragenden hatte die studentische Initiative Michael Szentei-Heise, den Verwaltungsdirektor der jüdischen Gemeinde Düsseldorf, geladen, der in einer kurzen Einführung auf die historischen Ursprünge des Antisemitismus verwies und sich bei der anschließenden Diskussionsrunde den Fragen der etwa 30 Besucher stellte.
Doch auf die ursprüngliche Frage nach den antisemitischen Äußerungen im Alltag ging der Vortragende kaum ein. Stattdessen diskutierte er mit den Anwesenden äußerst kontrovers aktuelle Ereignisse, wie die lyrische Israel-Kritik von Günter Grass. „Meine erste Reaktion darauf war: Manche Menschen sollten lieber mehr lesen als schreiben“, meinte Szentei-Heise und fügte mit Hinweis auf die Vergangenheit des Literatur-Nobelpreisträger angriffslustig hinzu: „Einmal Waffen-SS, immer Waffen-SS.“
Die Besucher, die sich vermutlich einen weitaus differenzierteren Blickwinkel erhofft hatten, wurden auch bei weiteren Diskussionspunkten enttäuscht. Über Antisemitismus in Nachbarländern etwa ließ Szentei-Heise frei heraus verlauten: „Die Polen bekommen das quasi mit der Muttermilch eingeflößt. Und wer dagegen immun ist, der bekommt es von der Kanzel aus gepredigt.“
Bei solchen harschen und offenen Anfeindungen verwundert es nicht, dass eine angemessen sachliche Diskussion kaum zustande kam.