Witten. .
Sie helfen Migranten auf dem Weg durch den Behördendschungel, bei Schulproblemen oder bei den vielen kleinen Dingen des Alltags. Die Integrationslotsen können das, weil ihnen oft selbst einmal so geholfen wurde.
Maria Gavrish (51) ist von Anfang an dabei. Sie macht das, damit einer des anderen Sprache verstehe. Denn sie weiß, wie es ist, wenn einer aus Russland, Polen, der Ukraine oder gar aus arabischen Ländern nach Witten kommt und überhaupt keine Ahnung hat, welche Behörden wichtig sind, wo man sein Kind zur Schule anmelden muss, dass es überhaupt eine Schulpflicht gibt oder wie unser Geld aussieht.
„Ich bin mit 43 Jahren aus Russland gekommen, ohne ein Wort Deutsch zu können“, sagt die Wittenerin, die seit 2005, also von Anfang an, Integrationslotsin ist.
Denn ihr wurde damals geholfen, sogar ein Studium ermöglicht, aber wäre da nicht jemand gewesen, der, sagen wir mal, Vermieter auf Wohnungs-Annoncen hin angerufen hätte, wer weiß, wo sie geblieben wäre. „Wenn ich selbst mit meinem damaligen gebrochenen Deutsch und meinem noch starken Akzent irgendwo anrief, hieß es immer gleich, tut mir leid, die Wohnung ist schon vergeben.“
Maria Gavrish hat von Ehrenamtlichen der Caritas damals Hilfe bekommen, und die gibt sie jetzt als Integrationslotsin zurück. „Man muss den Leuten doch ein bisschen Wärme schenken. Wenn nur jeder den Neuankömmlingen ein kleines bisschen hilft, dann kommen wir ein gutes Stück weiter.“ Schöne Geschichten hat sie erlebt, etwa, dass die Tochter von Migranten in die Realschule aufgenommen wurde und nicht, wie erst vorgeschlagen, auf die Hauptschule kam.
Ab und zu aber sind die Neubürger, denen noch vieles so fremd ist, auch Opfer. Ehrenamtler Bernd Brakemeier (65): „Manchmal werden Migranten zur Unterschrift unter Verträge genötigt, die sie gar nicht verstehen. Dann landen sie schneller in der Schuldnerberatung, als sie denken.“ Die Leute, die er betreut, die wissen alle: Nichts unterschreiben, bevor Bernd Brakemeier ins Kleingedruckte geschaut hat.
50. Treffen des Wittener Internationalen Netzwerks
Zuständig bei der Caritas für die derzeit sechs Integrationslotsen ist Hanna Dziuba (27). „Wir suchen mehr Ehrenamtliche, egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund. Wir versuchen auch, verstärkt Studenten aus sozialen Fachbereichen anzusprechen, weil ihnen diese Arbeit auch etwas für ihren künftigen Beruf bringt.“
Damit sich Helfer, Politiker und Organisationen wie Caritas oder „Religionen für den Frieden“ austauschen und vernetzen können, gibt es das Wittener Internationale Netzwerk, das bei der städtischen Integrationsbeauftragten Claudia Formann angesiedelt ist. In dieser Woche traf es sich im Haus Witten schon zum 50. Mal. Damit irgendwann wirklich einer des anderen Sprache verstehe.