Witten. .

„Akademisierung der Pflege“, nennen die Beteiligten der neuen Kooperation zwischen dem Ev. Krankenhaus Witten (EVK) und der Bochumer Hochschule für Gesundheit die bundesweit einzigartige Kombination von Ausbildung und Studium in der Pflege. Und das könne durchaus von Vorteil sein, findet Nadine Rehage. Die 27-jährige Krankenschwester arbeitet auf Station Sechs des EVK.

Sie hat ihre klassische Krankenpflegeausbildung im Diakonissenhaus gemacht und 2007 abgeschlossen. Nadine Rehage kümmert sich um die Patienten der Inneren Medizin und Onkologie. Inzwischen hat sie aber auch die Praxisanleitung für Schüler übernommen. Und wird in dieser Funktion vermutlich demnächst auf Studenten treffen, die hier ihre Praxisphase absolvieren. Denn das EVK stellt der Hochschule für Gesundheit ab dem Wintersemester 2012/13 drei Plätze für die praktische Ausbildung zur Verfügung.

Die umfasst je 2500 Stunden. Das ist ebenso viel wie staatlich anerkannte Krankenpfleger ohne akademischen Grad nachweisen müssen. Doch mit dem Zusatz des „Bachelor of Science“ könne der Pflegeberuf eine weitere Professionalisierung erfahren, erklärt Prof. Dr. Ursula Walkenhorst, Vizepräsidentin Studium und Lehre an der Hochschule für Gesundheit. Die studierten Pfleger und Pflegerinnen „können nicht nur Wissen anwenden“, sondern seien in der Lage, ihr Handeln wissenschaftlich zu begründen und so an der Weiterentwicklung der Pflege mitzuarbeiten. „Wir wollen“, ergänzt Hochschul-Präsidentin Prof. Dr. Anne Friedrichs, „die Pflege zur wissenschaftlichen Disziplin entwickeln“. Dabei stehe allerdings die Arbeit am Patienten nach wie vor an erster Stelle. Nur die „Prozesse am Bett“ würden sich langfristig verändern.

In der Tat werde die Arbeit immer anspruchsvoller, bestätigt Krankenschwester Nadine Rehage. Pflegeassistenten übernehmen bereits jetzt einen Großteil der Grundpflege, damit die Pfleger sich zum Beispiel „um Bürokram oder Entlass-Management“ kümmern können. Auch Ingeborg Drossel, Pflegedienstleiterin am EVK, sieht die Kombination von Ausbildung und Studium in der Pflege positiv. Diese Absolventen, so Drossel, „haben Qualifikationen und Kompetenzen, die normale Krankenschwestern erst später erreichen würden.“ Sie selbst habe auch diverse Fortbildungen hinter sich.

Mit der Kooperation beteilige sich das EVK daran, den Gesundheitscampus NRW als Knotenpunkt medizinischer Kompetenz „über Bochum hinaus mit Leben zu füllen“, wie Bürgermeisterin Sonja Leidemann erklärt. „Drei Plätze – das hört sich wenig an“, gesteht EVK-Geschäftsführer Heinz-Werner Bitter. Doch der Hochschulpräsidentin geht es nicht in erster Linie um die Zahl, sondern darum „eine weitere Klinik gefunden zu haben, die dem zukunftsorientierten Modell Krankenversorgung aufgeschlossen gegenübersteht“. Auch sei sie sicher, „dass wir in ein paar Jahren mit ganz anderen Zahlen arbeiten“.

Ab Januar kommen die ersten Studenten ins EVK. Wie sie nach dem Abschluss tatsächlich in die Klinik-Struktur integriert werden könnten, davon, sagt Pflegedienstleiterin Drossel, „müssen wir uns ein bisschen überraschen lassen“.

Der Studiengang „Pflege“an der Hochschule für Gesundheit besteht im dritten Jahr. Er beginnt nur zum Wintersemester. 50 Plätze stehen zur Verfügung, die Bewerbungsfrist endete gerade. Anmelden können sich Interessierte aber noch bis 15. Juli für die Studiengänge Hebamme, Physio-, Logo- und Ergotherapie.