Trotz drohender Veränderungssperre fürs Teppichlandgelände hält der Investor an seinen Plänen fest. Der Architekt kündigt an: Sonst bleibt es eine Ruine
Die Veränderungssperre für das heutige Teppichlandgelände an der Ruhrstraße ist noch nicht wirksam. Doch nach dem Stadtentwicklungsausschuss (30. April) schloss sich am Montagabend auch der Hauptausschuss – bei zwei Gegenstimmen – der Sicht der Stadtverwaltung an: Eine Systemgastronomie in Kombination mit einem Aldi auf dem 10 000-qm-Areal stehe dem Langzeitprojekt „Stadt an den Fluss” diametral entgegen.
Stadtbaurat Markus Bradtke hob vor der Abstimmung die Schlüsselstellung des Geländes für eine Verbindung zwischen Ruhr und Innenstadt hervor. Sämtliche Planungen der letzten Jahre liefen auf eine Aufwertung zum „Haupteingangstor zur Stadt” hinaus, sobald Teppichland den Standort aufgebe. (Den Heim-Textiler zieht es offenbar auf das alte Wickmann-Gelände in Annen.)
Die Stadt will das alte Areal der Fabrik Bredt & Co. an der Ruhrstraße – gegen den Willen der Eigentümer – per Flächennutzungsplan und Bebauungsplan zur Fläche für die Freizeitwirtschaft erklären. Man könne sich dort exemplarisch Freizeit- und Sporteinrichtungen wie eine Disco, ein Indoor-Kletterzentrum oder auch ein Café vorstellen, so Bradtke. Die interessierte Systemgastronomie (Café del Sol) sei dort ebenfalls sehr willkommen, schließlich habe das Baudezernat sie ja selbst an die Eigner herangeführt.
Nur Paketlösung für
Café und Discounter
Allein: Café del Sol ist dort laut Grundstückseigner aus wirtschaftlichen Gründen nur im Paket mit Aldi zu haben. Und der „kleinflächige” Lebensmittel-Discounter ist auch mit 799 qm (ein Quadratmeter unter der „Großflächigkeit”) für die Stadt an dieser Stelle tabu: aus städtebaulicher Sicht, aber auch weil er dem neuen Nahversorgungszentrum am Bodenborn das Wasser abgraben würde.
Verhängt der Wittener Rat am 18. Mai tatsächlich eine Veränderungssperre, haben die Eigentümer und Investor Aldi schon das Rechtsgutachten in der Schublade, mit dem sie diese zu Fall bringen wollen. „Ich gehe davon aus, dass wir dann klagen werden”, kündigt Architekt Claus D. Böllinghaus an, der die Pläne gezeichnet hat.
Der Wittener hofft aber noch, die von ihm gezielt angeschriebenen Ratspolitiker mit guten Argumenten umstimmen zu können, weil eine Ablehnung des Projektes „gegen die Interessen der Wittener Bürger ist”. Immerhin entspreche das Vorhaben den planerischen Vorstellungen der Stadt viel mehr als der aktuelle Stand der Dinge. Das alte Fabrikgelände (1850–1975 Standort der Spatenfabrik Bredt & Co.) sei doch vollversiegelt und mit Altlasten wie den alten Kanälen gespickt. Allein 300 000 bis 350 000 Euro setzt Böllinghaus für den Abbruch, die Baureifmachung und die Sanierung an.
Mit der Ansiedlung von Aldi und Café del Sol, die mit ihren Parkplätzen etwa je die Hälfte des Grundstücks beanspruchen, würden aber weit mehr als 50 Prozent der Ziele von „Stadt an den Fluss” erfüllt, so der Architekt, „und das völlig kostenneutral für die Stadt”. Der Investor sei auch bereit, für 100 000 Euro eine Fußgängerbrücke vom Café über den Mühlengraben zu bauen und auf der dortigen „Insel” (zwischen Mühlengraben und Ruhr) einen Spielplatz und ein Freizeitgelände anzulegen.
Der Aldi werde zudem fast komplett hinter der vorhandenen Bruchsteinmauer verschwinden, so Böllinghaus. Nur eine kleine Ecke werde von der Ruhrstraße aus zu sehen sein – und Aldi ließe sich auf jede gewünschte Optik ein - „egal ob Klinker, Glas oder Holz”. Aldi sei zudem bereit, eine schriftliche Garantie für den Erhalt seiner Filiale in Bommern und die weiteren Standorte in Witten zu geben.