Witten. .
Ein 21 Monate alter Junge ist am Montag, 4. Juni, kurz nach zehn Uhr aus einem Fenster im zweiten Stock eines Wohnhauses an der Humboldtstraße gestürzt. Das Kind wurde von einem Rettungshubschrauber mit schwersten Kopfverletzungen in die Dortmunder Unfallklinik geflogen. Es besteht auch weiterhin akute Lebensgefahr.
Humboldtstraße, Innenstadt, 10.05 Uhr. Das ist einer dieser Momente, wo man fragen, wo man schreien will: Schutzengel, wo warst du? In diesem Moment, wo dieser kleine Junge daheim auf einen großen Schreibtisch seiner Eltern klettert, während seine Mutter im Nebenzimmer wirtschaftet. Mit knapp zwei Jahren haben Kinder einen unstillbaren Erkundungsdrang. Dieser Drang führt das 21 Monate alte Kind zum Fenster hinter dem Schreibtisch. Das Fenster lässt sich leicht öffnen, kinderleicht. Neugierig macht der Kleine einen Schritt - Schutzengel, wo warst du?
Gut acht Meter tief geht der Fall., das Kind stürzt auf den Gehweg. Doch jetzt ist er da, der Schutzengel. Erscheint in Gestalt einer Krankenschwester, die im Haus gegenüber wohnt und den schrecklichen Unfall mit angesehen hat. Sie fasst sich, stürzt sofort aus ihrer Wohnung, kann den bewusstlosen kleinen Jungen wiederbeleben. Polizeisprecher Volker Schütte: „Vielleicht hat die Frau dem Kind das Leben retten können.“ Vielleicht. . .
Noch mehr Schutzengel kommen. Notarzt und Rettungswagen sind rasend schnell vor Ort. Gleichzeitig wird bereits der Busparkplatz am Saalbau von Feuerwehrleuten mit Pylonen abgesperrt - der ADAC-Rettungshubschrauber Christoph 8 ist bereits im Anflug. Der Notarzt ringt um das junge Leben, kann den Jungen endlich stabilisieren. Mit Blaulicht und Sirene bringt ein Rettungswagen das Kind zum Saalbau.
„Rettungskette hat hervorragend geklappt“
Sieben Sanitäter heben den schwerstverletzten Jungen behutsam aus dem Auto, betten ihn auf die Trage des Hubschraubers, ein Tropf ist angeschlossen. Dann wird die Trage in den Flieger hineingeschoben. Die Pilotentüren sind noch geöffnet, da wird schon der Rotor angeworfen. Jede Minute zählt. Sanitäter springen in das Cockpit, die Maschine dreht auf, eine Minute später hebt der Hubschrauber der „gelben Engel“ ab. Schütte: „Die Rettungskette hat ganz hervorragend geklappt, es wurde keine Zeit verloren.“
Zurück bleibt das Ehepaar A., das sichtlich unter Schock steht. Die Eltern des kleinen Jungen werden von zwei Notfallseelsorgern betreut, während die Polizei die Unfallstelle mit rot-weißem Flatterband absperrt. Die Kripo geht routinemäßig durch die Wohnung, nimmt das Fenster in Augenschein, versucht, den schlimmen Unfall zu rekonstruieren, spricht ruhig und behutsam mit den entsetzten Eltern.
Die Nachbarn sind erschüttert. „Die armen Leute“, fühlt Annemarie Jeske, die im Haus gegenüber wohnt, mit der betroffenen Familie. „Das ist ja ein ganz schreckliches Unglück. Ich hoffe, dass alles gut geht.“
Am Fenster des grünen Hauses in der Humboldtstraße kleben schöne farbenfrohe Fensterbilder, bunte Schmetterlinge haften auf der Scheibe. Sie warten auf einen kleinen Jungen, der noch immer um sein Leben kämpft. Schutzengel, bist du da?