Witten. .
Großen Anklang fand der zweite „Day of Song“ in Witten.
Der Countdown läuft. Bürgermeisterin Sonja Leidemann (52) zählt rückwärts. Zehn Minuten nach zwölf ist es dann soweit: Die „Kleine Singgruppe“ und die Awo-Kita Stockum stimmen gemeinsam das erste Stück des „!SING - Day of Song“ am Samstag auf dem Platz vor der Stadtgalerie an. „Glück auf, Glück auf.“
Das Steigerlied eröffnet revierweit und damit auch in Witten diesen zweiten „Day of Song“, der seine Premiere im Kulturhauptstadtjahr 2010 hatte. „Es ist toll, dass das Ruhrgebiet damit so viel Lokalpatriotismus zeigt“, meint Marina Bernhardt. Die 24-Jährige gehört zum „Promotion“-Team. Vier Stunden wird sie an diesem Tag vor der Stadtgalerie Luftballons aufblasen, Süßigkeiten überreichen und die Programmhefte unters Volk bringen. „Da sind auch die Liedtexte drin, damit Sie mitsingen können“, erklärt die Studentin den Besuchern. Der Nebenjob beim Gesangs-Event mache ihr viel Spaß: „Es ist schön, wenn man den Kindern beim Singen zuhören kann und die Gemeinschaft erlebt“, sagt sie in die Menge deutend.
Zahlreiche Angehörige haben sich vor der Bühne neben dem Eingang des Einkaufszentrums versammelt. Mit Passanten, die gerade ihren Samstagseinkauf erledigen, genießen sie die Musik und gute Laune. Beim Steigerlied sind die Zuschauer noch textsicher und singen mit. Bei den neueren Kinderliedern fällt das schon schwerer. Trotzdem: Mitklatschen kann jeder, und hoch die Hände!
„Wir sind heute anstelle unseres Sommerfestes hier“, sagt Gilda Kowalski-Witte, Einrichtungsleiterin der Awo-Kita Stockum. In einheitlichen Hemden mit selbst aufgemalten Notenschlüsseln zeigen die kleinen und großen Sänger auch nach außen ihre Gruppenzugehörigkeit. „Das hat natürlich alles nur geklappt, weil uns so viele Eltern dabei unterstützt haben“, freut sich Gilda Kowalski-Witte, die seit März an den Vorbereitungen beteiligt war. Nach dem „Day of Song“ soll es in der Kita weiterhin musikalisch zugehen: Musik sei schließlich ein wichtiger Teil des Lebens.
„Day of Song“ - das bedeutet immer: Singen, wo immer mir der Schnabel danach gewachsen ist. Zweiter Schwerpunkt neben der Stadtgalerie ist das Schleusenwärterhäuschen. Dort geben zunächst wieder Chöre den Ton, etwa der Shanty-Chor. Seit 30 Jahren schmettern die Herren in Blau-Weiß ihre Volks- und Seemannslieder. „Volldampf voraus“ singen sie heute am Ruhrufer. Ja, klar, „und auf der Reeperbahn nachts um halb eins“. Leute, mitschunkeln! Es ist richtig voll am Schleusenwärterhäuschen. Viele genießen dort gerade Würstchen und ein kühles Blondes. Die Kleinsten tummeln sich ausgelassen im Gras und tanzen zum musikalischen Seemannsgarn. „Endlos sind jene Meere...“
Sehr viel ernster, aber nicht minder mitreißend geht es abends in der Marienkirche zu. Mit einem großen Aufgebot an Chorsängern und Instrumentalisten aller Altersklassen präsentiert Dirigentin und Chorleiterin Susanna Dornwald das Oratorium „Die Schöpfung“ von Joseph Haydn. Auch viele junge Zuhörer haben es sich auf den Kirchenbänken halbwegs bequem gemacht und lauschen den gewaltigen Klängen des vertonten Bibeltextes. Ob geistliche Musik nicht längst Staub angesetzt hätte? „Nein, ich finde, dass hat eine sehr erfrischende Kraft“, meint Zuhörer Philipp (27). „Da kommt einem so viel Energie entgegen, wenn hundert Leute gleichzeitig singen.“
Sie tun es überall an diesem Tag, in Altenheimen wie Boecker-Stiftung, Luther- oder Josefhaus, in der Kulturkneipe „Maschinchen Buntes“, auf einem Firmengelände oder in der Rudolf-Steiner-Schule.