Witten. . Wenn ein schwerkranker Mensch im Sterben liegt, ist der Notarzt nicht unbedingt der richtige Ansprechpartner, wie jüngst ein Fall in Haus Buschey zeigte. Im Interview erklärt Dr. Frank Koch, Vorstandsmitglied des Wittener Palliativnetzes, wen man in diesem Fall rufen sollte.

Wenn ein Angehöriger im Sterben liegt, wen kann ich rufen, wenn ich keinen Notarzt im Haus haben will, der vielleicht wegen einer „unklaren Todesart“ die Polizei einschaltet oder meinen Angehörigen mit ins Krankenhaus nimmt, wo er dann womöglich auf die Intensivstation gebracht wird?

Koch: Wenn es um das absehbare Sterben wie vielleicht bei einem chronisch Kranken geht, sollte es vorher klare Absprachen geben, am besten mit dem Hausarzt, eventuell auch einem Palliativmediziner.

Der Hausarzt kommt auch nachts?

Man sollte mit dem behandelnden Hausarzt verabreden, wie man sich verhält, wenn es schlimm wird. Ansonsten gibt es auch den Hausärztlichen Notdienst, erreichbar unter der neuen Nummer 116 117, der auch bei solchen Fällen eingesetzt wird. Er ist eher bereit, solch ein Sterben zu begleiten oder medikamentös zu unterstützen.

Wann sollte ich den Notarzt holen?

Der Notarzt, der Rettungswagen ist dazu da, Leben zu retten. Es ist richtig, ihn in einem akuten, nicht überschaubaren Fall einzuschalten, etwa bei einem Herz- oder Schlaganfall, also einem Krankheitsfall, wo man durch akute medizinische Maßnahmen Leben retten oder einen Krankheitsverlauf positiv beeinflussen kann.

Ich brauche aber keinen Notarzt, um den Tod feststellen zu lassen, wie es in diesem Fall in dem Pflegeheim Haus Buschey geschehen ist.

Nein. Auch im Heim gibt es Kontakte zum Hausarzt, zum hausärztlichen Notdienst oder Palliativdienst. Die Menschen, auch im Heim, möchten doch am liebsten zuhause sterben. Formaljuristisch muss der Tote mindestens vier Stunden dort liegen, bis man den Tod endgültig feststellen kann. Wie viele Leute sind schon komatös in der Leichenhalle gehandelt?

Wie sollte das gängige Verfahren im Pflegeheim aussehen?

Man lässt den Sterbenden in Ruhe, stellt für ihn eine Kerze auf und bestellt vielleicht den Priester. Die Ruhe, die es in den Hospizen gibt, muss es auch in den Heimen geben, die Gelassenheit der Pflegerin eingeschlossen.

Und was die Pflege betrifft?

Wenn ich einen chronisch Kranken habe, der im Sterben liegt, will ich, dass er keine Schmerzen hat. Meist haben diese Patienten Patientenverfügungen. Da steht, dass sie bereit sind, Medikamente zu nehmen, auch wenn sie Leben verkürzen können. Das hat mit Sterbehilfe nichts zu tun. Es gibt auch ein notfallmäßiges Arsenal, um symptombezogen handeln zu können., etwa wenn ein Patient röchelt, was ihm Angst macht. Oft reicht es, etwas in die Nase zu spritzen, Wir haben vom Palliativnetz angeboten, eine solche Safebox vorzuhalten. Das müssen wir juristisch aber noch abklären. Wir bieten auch eine palliative Schulung für das Personal an. Sie ist aber noch nicht angefordert worden.

Wie sieht die Praxis aus? Wer ist erster Ansprechpartner?

Primär wird der Hausarzt gerufen. Er ist die zentrale Figur, zu ihm hat der Patient ein Vertrauensverhältnis. Es gibt viele Fälle, wo das mit großer Zuverlässigkeit von den Hausärzten geregelt wird. Wir vom Palliativnetz wollen ihm in der Finalphase nicht die Verantwortung für den Patienten abnehmen.