Witten. .

„Die Leute haben immer weniger Geld in der Tasche“, meint Arno Müller achselzuckend. Der 67-Jährige ist Stammgast im Kronen-Eck an der Annenstraße.

Auch er hat festgestellt, dass das Publikum in den traditionellen Kneipen in den letzten Jahren abgenommen hat.

Laut Statistischem Bundesamt musste seit 2001 deutschlandweit jede vierte Pinte schließen. Nach Hamburg und Niedersachsen ist Nordrhein-Westfalen mit minus 31,8 Prozent besonders betroffen. Und das, obwohl gerade das Ruhrgebiet über Jahrzehnte ein klassischer Kneipenstandort war. Auch in Witten hieß es nach der Schicht mit harter körperlicher Maloche häufig „jetzt ‘n Pils und ‘nen Korn“.

Aber nicht nur die Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahren verändert: „Die jungen Leute zieht es nicht mehr in die Kneipe. Die gehen oft erst ab 23 Uhr raus und dann lieber in die Disco“, hat Arno Müller festgestellt. Er selbst wohnt im Erlenweg in Annen und findet es praktisch, nur „um die Ecke“ zu gehen, um in seine Stammkneipe zu gelangen.

Zum Pils am Tresen genehmigt sich Müller regelmäßig eine Zigarette. „Zwei Drittel der Gäste rauchen hier“, erzählt eine Aushilfe am Zapfhahn. Und ergänzt: „Wenn das totale Rauchverbot kommt, ist die Kneipe tot.“

Das sieht auch Joachim Bree so, der Inhaber der „Pils Börse“ an der Annenstraße 180 ist. „90 Prozent meiner Gäste sind Raucher“, sagt der 50-Jährige. Und: „Die ständige Diskussion um das Rauchverbot zehrt schon an den Nerven.“ Deshalb habe er schon eine Warnung neben der Eingangstür angebracht. Darauf steht unter anderem, dass Nichtraucher „nur mit Atemschutzgerät“ reindürfen.

„Bei uns hat bisher aber keiner bei der Abmeldung seiner Gaststätte gesagt, das geschehe aufgrund des Rauchverbots“, sagt eine Mitarbeiterin der Gewerbeabteilung der Stadt. Speziell wegen des Nichtraucherschutzgesetzes würden die Kollegen auch nicht losziehen, sondern nur, „wenn sich Leute beschweren“. Oder die Einhaltung würde im Rahmen üblicher Kontrollen, etwa zum Jugend schutz, überprüft.

„Die Hauptprobleme kommen von außen“, meint Wirt Joachim Bree auf die Frage, warum es viele klassische Kneipen heute so schwer haben. „Alle wollen Geld abziehen“, erklärt er, „die Gema für Musikgebühren, die Brauereien für das Bier“. So seien beispielsweise die Preise für ein 50-Liter-Fass seit Februar um sieben Euro gestiegen.

„Nur Bier auszuschenken, das reicht heute meistens nicht mehr, um eine Kneipe für die Gäste attraktiv zu machen. Sie sollte auch Veranstaltungen bieten“, meint Michael Pohl vom Stadtmarketing. Er muss es wissen, organisiert er doch die „Wittener Kneipennacht“. Die Vorbereitungen für die vierte Ausgabe, die am 22. Oktober stattfindet, laufen bereits auf Hochtouren.

Etwa 15 Kneipen, darunter das „Casa Cuba“, „Impuls“ oder „Maschinchen Buntes“ seien voraussichtlich wieder mit von der Partie, so Pohl. Das Erfolgsrezept lautet: „Viele Gäste fahren auf die Mischung von Live-Musik und Kneipen-Atmosphäre ab.“