Witten. .

Fast 40 Jahre ist es nun her, dass Gabriele Simonis mit ihren Freunden am Ruhrufer spielte oder ins kühle Nass hüpfte. Mittlerweile kommt sie sich schon regelrecht „komisch“ dabei vor, wenn sie an den Schiffsanleger der Schwalbe in Bommern zurückkehrt.

Die 49-Jährige schaut strahlend über das ruhige, dahin fließende Wasser. Früher hat sie hier jeden Tag im Sommer verbracht. Heute kommt sie mit ihrer Tochter und ihrer Enkelin ab und zu her, aber nicht mehr, um zu schwimmen. „Das ist mir zu gefährlich wegen der starken Strömung. Wer weiß, was da passieren kann.“ Als sie selbst noch ein Kind war, gab sie nicht viel auf die Warnungen ihrer Mutter. Passiert sei ihrer Gruppe nie etwas. Und das, obwohl die Jungs „sehr waghalsig und mutig waren“, so die 49-Jährige. Schließlich seien sie immer von der Ruhrbrücke aus ins kalte Wasser gesprungen. Damals war Gabriele Simonis immer beeindruckt von solchem Mut, heutzutage würde sie jedem davon abraten. Denn die Gefahr sei einfach viel zu groß.

Gabriele Simonis ist an der Ruhr aufgewachsen. Jeden Tag im Sommer kamen alle Bommeraner an die Uferstraße zum Baden. Da wurden nur die Klamotten von der Schule in die Ecke geschmissen, die Badesachen gepackt und los ging’s zum nassen Vergnügen. An besonders heißen Sommertagen war die kühle Ruhr eine willkommene Abwechslung.

Davon kann auch Horst Karmann (80) viel erzählen. Der Rentner zeigt seiner Enkelin Marleen (6) die Stelle an der Ruhr, die ihm eine Backpfeife seiner Mutter eingehandelt hat. „Ich bin von der anderen Seite, wo 1947 noch Apfelbäume standen, über den Fluss geschwommen. Das fand meine Mutter nicht so lustig wie ich selbst“, erzählt der 80-Jährige. 1947, nur zwei Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, lag der Schulbesuch noch auf Eis. Deshalb konnten die Kinder immer an der Ruhr spielen und schwimmen. Seine Enkelin Marleen ist erst seit kurzem in der Schule. In die Ruhr möchte sie aber nicht. „Meine Mama fände das auch nicht so toll“, sagt die Sechsjährige.

Oma Simonis sieht das genauso, wenn es um ihre Enkelin Saskia geht. In dem Punkt sind sich Oma und Mama Kathrin einig. „Zu gefährlich“ finden die beiden Frauen die Ruhr heutzutage. Ein großes Problem sieht die 49-Jährige Oma darin, dass es die Gaststätte, die zu ihrer Jugendzeit noch öffentlich zugänglich war, mittlerweile fast nur für Mitglieder des Kanu-Clubs gibt. „Das ist nicht nur für die Bommeraner sehr schade, sondern auch für die Besucher, die von der Schwalbe in Bommern aussteigen.“

Zwei ganz spezielle Erinnerungen an ihre Zeit an der Ruhr sind der Wittenerin immer im Gedächtnis geblieben. Dass sie in dem Fluss schwimmen gelernt hat, wird sie niemals vergessen. „Es war Winter und ich bin unten am Ufer ausgerutscht und in die Ruhr gefallen. Der dicke Wintermantel zog mich schon hinab. Da habe ich gedacht, ich muss gleich ertrinken.“ Ihr Hundepaddeln hat sie dann aber über Wasser gehalten.

An die tote, aufgedunsene Wasserratte, die ihre Mutter beim Schwimmen erschreckt hat, wird sie sich ebenfalls immer erinnern. „Da wussten wir nicht ob wir lachen oder kreischen sollten.“

Ihrer Heimat Witten ist die 49-Jährige immer treu geblieben. Sie würde auch nicht wegziehen wollen: „Eine so schöne Aussicht wie an der Ruhr gibt es nirgendwo anders.“