Witten. .
Nachgeborene können es sich kaum noch vorstellen: Wer am Montagmorgen durch die intakte Stadt geht, dem hätte sich 67 Jahre zuvor ein Bild völliger Verwüstung geboten.
Denn am 19. März 1945 gegen 4.20 Uhr begann der zweite große Luftangriff des Zweiten Weltkriegs auf Witten. Es gab 116 Tote, 557 Verwundete und 22 Vermisste. Weil dieser nächtliche Angriff der Alliierten nur wenige Wochen vor Kriegsende über Witten hereinbrach, ist er vielen Ruhrstädtern tiefer in Erinnerung geblieben als der Großangriff vom 12. Dezember 1944, bei dem 334 Menschen starben.
„Ich erinnere mich bis heute an die furchtbare Angst und das Geschrei, als die Bomben fielen. Es waren ja auch ganz viele Kinder mit im Bunker“, erinnert sich der heute 80-jährige Wittener Günter Kohlstadt. In der Nacht des 19. März 1945 hatte er, wie viele andere auch, in jenem Bunker Schutz gesucht, der sich am Hang oberhalb der heutigen Pestalozzischule befand. Zwangsarbeiter hätten nicht mit reingedurft, „und wir fanden sie nach dem Angriff schwer verletzt oder tot vor“, erzählt Kohlstadt, der damals ja selbst noch ein Kind war.
Eigentlich war er im Odenwald evakuiert. Aber genau in jener Woche, als der zweite große Luftangriff auf Witten stattfand, war er wieder daheim. Und zwar im Haus Röhrchenstraße 22 a. „Als der Alarm erfolgte, hat meine Mutter mich ganz schnell in den Bunker geschickt, der einige hundert Meter von uns entfernt war“, erinnert er sich. Der Vater habe damals nicht mitkommen können. Denn der habe sich schon für seine Schicht bereit gemacht, musste er doch als Bergmann nach Herbede zur Zeche Holland.
In jener Nacht des Grauens wurden 1000 Sprengbomben, 845 Phosphor- und mehr als 86 000 Brandbomben abgeworfen und die Stadt bis auf die Grundmauern zerstört. Unter den Gebäuden, die beschädigt oder dem Boden gleichgemacht wurden, waren Haus Witten, die Gedächtnis- und Marienkirche, Diakonissenhaus und das Marien-Hospital sowie das Märkische Museum.
Bereits am 12. Dezember 1944 hatte der Bombenteppich von 400 Flugzeugen viele Wittener Gebäude und Straßen in Schutt und Asche gelegt. Seit Februar 1945 herrschte dann fast Tag und Nacht Luftalarm, immer wieder kam es zu vereinzelten Bombenabwürfen. „Wir haben nur noch angezogen in den Betten gelegen, stets bereit, bei Alarm aufzuspringen und in den Keller oder einen nahe gelegenen Bunker zu flüchten“, erzählt eine Zeitzeugin.
Und sie fügt ergänzend die Bitte an: „Erinnern Sie die jungen Leute daran, wie schrecklich Krieg ist und dass sich so etwas nie, nie mehr wiederholen sollte.“