Witten. .

Niemand sollte beim Sterben allein sein. „In den finalen Zuständen reicht es schon, wenn man Betroffenen die Stirn abwischt oder ihre Hand hält“, sagt Waltraud Sjamken. Die Wittenerin arbeitet seit 2008 als ehrenamtliche Hospizhelferin und begleitet Menschen auf ihrem letzten Weg.

Sie war eine von drei Vortragenden, die auf Einladung der Seniorenvertretung (in Gründung) und der Vhs über das Thema „Leben und Sterben in Würde: Hospizbewegung und Hospizdienst“ sprachen. Auf die Frage, wer den Hospizverein kenne, meldete sich nur etwa die Hälfte aller Anwesenden. Deswegen wollte man bei der Veranstaltung vor allem eines: über die Arbeit der Dienste aufklären.

„Es geht darum, Rechte und Bedürfnisse Sterbender zu berücksichtigen“, erklärt Susanne Gramatke, Leiterin des ambulanten Hospizdienstes Witten-Hattingen. Sie versuche alles für ihre Patienten zu tun. Niemand aber dürfe aktive Sterbehilfe verlangen. Ein bis zwei Mal pro Woche besucht die 52-Jährige Sterbende und ihre Angehörigen: „Bei Bedarf natürlich auch öfter.“

Die Helferinnen müssen vor allem eines leisten: sich in das Leben der Menschen eindenken können. „Mit einer Frau habe ich immer Lieder aus der Dreigroschenoper gesungen, weil sie ein großer Brecht-Fan war“, erinnert sich Waltraud Sjamken (69). Susanne Gramatke räumt ein: „Das wäre überhaupt nichts für mich gewesen.“ Es sei eben auch wichtig, dass Begleiterin und Patient zusammenpassen.

„Die Arbeit macht nicht nur traurig“, betont Waltraud Sjamken, „sie kann auch befriedigen. Wenn jemand ruhig verstirbt zum Beispiel.“ Ziel sei es, dass Sterbende mit sich und ihrem Leben ins Reine kämen. „Die meisten bereuen nicht, was sie getan, sondern was sie unterlassen haben“, so die Hospizhelferin. Dazu zähle etwa die Erkenntnis, zu wenig Zeit mit Freunden und Familie verbracht zu haben.

Nicht nur die Krise des nahenden Todes fordert die Helferinnen heraus. Waltraud Sjamken erinnert sich: „Eine meiner Patientinnen war böse. Sie hat ihrem Mann noch kurz vorm Tod mit Scheidung gedroht. Damit muss man umgehen lernen.“

Die Erfahrung, ein Familienmitglied auf seinem letzten Weg begleitet zu haben, teilen viele der Zuhörer. Eine Frau erzählt: „Ich bin weiter arbeiten gegangen. Ich brauchte die Normalität, um das alles ertragen zu können.“ Eine andere Betroffene berichtet, sich nach dem Verlust ihres Neffen für den Hospizdienst gemeldet zu haben. „Das Ehrenamt ist die Krönung meiner beruflichen Laufbahn“, erklärt sie den Anwesenden.

Ihre Geschichte trifft einen Nerv. Nach der Veranstaltung wenden sich einige Zuhörer an die Referenten und holen sich Prospekte, die über die Arbeit aufklären. Vielleicht ist das Interesse so groß, weil viele selbst betroffen waren. „Die Ausbildung dauert neun Monate“, erklärt Susanne Gramatke noch, „auch viele Berufstätige arbeiten für uns“.