Witten. .

Trotz des Warnstreiks im öffentlichen Dienst fanden am Mittwochabend über 70 Zuhörer den Weg zum ersten Medizinforum unserer Zeitung in diesem Jahr. Das Thema des Abends lautete: „Wenn der Gallenstein drückt.“

Das Publikum löcherte die vier referierenden Ärzte im Evangelischen Krankenhaus (EvK) mit Fragen und ließ sich von eindrucksvollen Bildern nicht abschrecken.

Zehn bis 15 Prozent sind Gallensteinträger

Stechende Bauchschmerzen, Koliken nach dem Essen, Völlegefühl, verfärbter Urin, heller Stuhl und Anzeichen von Gelbsucht - auch mancher Besucher kennt die Symptome von Gallensteinbeschwerden. „In akuten Fällen tut’s wirklich heftig weh“, sagt der niedergelassene Internist Dr. Volkmar Tönsmann. Etwa zehn bis 15 Prozent der erwachsenen Bevölkerung seien Gallensteinträger, weiß Dr. Mario Iasevoli, Chefarzt für Innere Medizin am EvK. Frauen seien etwa doppelt so häufig betroffen, gerade blonde, oft über 40 und übergewichtig, erklärt Dr. Tönsmann.

„Viele meiner Verwandten leiden auch an Gallensteinen“, meint eine Besucherin. In der Tat sei eine erbliche Veranlagung häufig die Ursache, so Dr. Iasevoli. Auch die Ernährung spiele eine Rolle. Fettes und cholesterinreiches Essen fördere die Produktion von Gallenflüssigkeit.

Doch längst nicht alle Menschen, die Gallensteine besitzen, leiden darunter. „Bei 60 bis 80 Prozent fallen die Steine gar nicht auf“, sagt Dr. Volkmar Tönsmann. Um festzustellen, wo der Stein womöglich drückt, „tasten wir zunächst den Körper ab und üben leichten Druck auf Leber und Galle aus.“ Per Ultraschall und einer Analyse der Blutwerte werden Größe und Position bestimmt und die Galle auf Entzündungen getestet.

Bilder verdeutlichen eindrucksvoll, wie unterschiedlich Gallensteine aussehen können. „Manche haben eine richtig bunte Sammlung“, sagt Dr. Tönsmann. Es gebe Steine, die geradezu schön aussähen. Andere Aufnahmen lassen die Zuschauer erschaudern. „Auch bei mir wurden Steine festgestellt“, erzählt eine Zuhörerin. „Ich habe aber keine Schmerzen. Ist es trotzdem ratsam, sie entfernen zu lassen?“

Gholam Abass Dhezad, Oberarzt für Innere Medizin, schüttelt den Kopf. „Die Gallensteine sollten nur bei Beschwerden oder einer Entzündung der Gallenblase entfernt werden.“ In diesen Fällen führt der Internist mit einem Endoskop die nötigen Werkzeuge in den Körper ein, spürt so die Steine auf und kann sie dann oft innerhalb weniger Minuten aus dem Gallengang herausholen.

„Aber eine reine endoskopische Behandlung reicht in der Regel nicht aus“, sagt Chirurg Dr. Dirk Martin. „Die Internisten machen uns den Gang frei, wir können dann die Gallenblase entfernen.“ Das geschieht meist per „Schlüsselloch“-OP. Vier winzige Löcher im Bauch genügen dafür. Der Chirurg sei der Letzte, der endgültig helfen könne, so Martin.

„Ich denke, nur die Steine müssen weg. Warum dann auch die Gallenblase?“ lautet eine Frage aus dem Publikum. Dr. Martin: „Die Gallenblase muss nicht entfernt werden, weil sie Steine enthält, sondern weil sie die Steine bildet.“ In den meisten Fällen würden nach der Operation keine Steine mehr auftreten.

„Meine Gallenblase wurde entfernt, ich habe aber immer noch Steine“, sagt eine Besucherin. Das komme in ganz seltenen Fällen vor, so Dr. Martin. Dann könnten sich Steine durch Bakterien oder eine fehlhafte Zusammensetzung der Galle noch in den Gallenwegen bilden.

Ob Steine auch durch Cholesterin senkende Medikamente entstehen könnten, will ein anderer Zuhörer wissen. Bestimmte Fettsenker könnten zumindest begünstigend wirken, so Dr. Martin. Gallensteine seien keineswegs nur ein Problem unserer Zeit, berichet der Chirurg. Schon in der Mumie einer Priesterin seien vor 1000 Jahren Steine gefunden worden.