Witten.

Es klopft. Schnell lässt Max die Schachtel Zigaretten hinter seinen Rücken gleiten. Doch er verhält sich zu auffällig. Seine Mutter lässt nicht locker, bis sie die Packung entdeckt. Auf ihrem Gesicht zeigen sich Entsetzen und Enttäuschung.

„Die Szene dürfte sich mit den Erfahrungen einiger unserer Schüler decken“, sagt Jochen Schmidt, Beratungslehrer für Suchtprävention am Martmöller-Gymnasium. Am Montagnachmittag sahen dort Schüler der Jahrgänge acht und neun ein Theaterstück, das sich mit Sucht auseinandersetzte. Tatsächlich barg „Wilder Panther, Keks“ viel Identifikationspotenzial.

„Das Stück war total authentisch“, sagt Neuntklässlerin Pia Stein (14), „man konnte sich echt gut hineinfühlen.“

Schauspieler der Hamburger Gruppe „Theatersehnsucht“ inszenierten darin, wie ein Jugendlicher nach und nach in eine Drogenabhängigkeit gerät. Die Aufführung stellte auch die Frage nach dem Warum. Leistungsdruck durch Eltern und Schule, Gruppenzwang, sich zugehörig fühlen wollen. Der junge Darsteller erlebt all das.

Autor Jürgen Jankowiak übt dabei auch Kritik. An Eltern, die ihren Kindern oftmals keine guten Vorbildern sind. Ebenso an Schulen. Als Max wegen Dealens vom Gymnasium verwiesen wird, versucht die Schulleitung aus Angst vor einem Skandal, das Geschehene unter den Teppich zu kehren. „Na, viel Glück dann, auf deinem weiteren Lebensweg“ – die Abschiedsworte der Schulleiterin klingen sarkastisch. Denn man ahnt schon, was geschieht: Nach dem Rauswurf rutscht Max weiter ab. Er beginnt, Tabletten einzuwerfen, verliert deswegen seine Freundin.

Aufgabe der Schulen ist es aber, Betroffene aufzufangen, anstatt wegzusehen. Am Martmöller-Gymnasium kümmern sich zwei Suchtpräventionslehrer und eine Schulsozialarbeiterin um Schüler mit Alkohol- und Drogenproblemen.

„Sie sind müde, fehlen häufig und ihre Leistung nimmt ab“, so Jochen Schmidt über erste Auffälligkeiten. Mit zunehmender Abhängigkeit verschlimmern sich die Symptome. Etwas, dass Fred Buchalski (60) aus eigener Erfahrung kennt. „Als ich in die Klinik kam, wusste ich nicht mehr, wo vorne und wo hinten ist“, berichtet der Regisseur über seinen eigenen Kampf gegen Alkohol- und Medikamentensucht. Ein Moment, in dem die Schüler zum ersten Mal an diesem Tag wirklich ruhig lauschen. Aber auch einige Schauspieler haben einschlägige Erfahrungen, wie sich bei einer Schülerfrage in der abschließenden Gesprächsrunde herausstellte.

Doch hatten die Jugendlichen auch ernsthaftere Fragen an die Theaterleute, einen Arzt und Wittener Drogenberater. Was bei Suchtproblemen von Freunden zu tun sei, beschäftigte etwa eine Schülerin.

„Ich fands gut, dass nicht mit erhobenem Finger auf uns gezeigt wurde“, beurteilt Rachid Ott (15) die Gesprächsrunde. Ganz ohne Appell ging es dann aber an diesem Tag doch nicht.

„Ihr alle habt die Chance, es anders zu machen als Max,“ so Schauspieler Gosta Liptow.